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Fordern, fördern, Feedback – das sind die drei Komponenten unseres Mentorenprogramms. Dr. Axel Hermeier, Head of HR bei enomyc war selbst Mentee und findet: „Mentorenprogramme sind eine Notwendigkeit.“ Warum vor allem im Beratungsgeschäft? Wie profitieren Unternehmen und Mitarbeiter:innen generell von Mentoring? Wie gestaltet es sich konkret bei enomyc und welche Empfehlungen hat Herr Dr. Hermeier für Unternehmen, die Mentorenprogramme einführen möchten? Erfahren Sie mehr in unserem Interview.

Herr Dr. Hermeier, Sie waren vor einigen Jahren selbst Mentee. Welche Ratschläge aus dieser Zeit wenden Sie bis heute an?

Ja, das war bei Siemens. Meine Mentorin war Janina Kugel, damals Personalvorständin. Zwei Learnings habe ich besonders beherzigt: Erstens, meinen Überzeugungen und meinem eigenen Wertekompass treu zu bleiben – auch gegen Widerstände – und damit authentisch in meinem Verhalten und Handeln zu sein. Zweitens, mich vor allem in Führungspositionen mit hervorragenden Mitarbeiter:innen zu umgeben, von denen ich selbst noch dazulernen kann.

Was macht Ihres Erachtens erstklassige Mentoren aus?

Personality counts. Wahres Interesse für Menschen: zuhören können, empathisch sein, die Stärken und Entwicklungsfelder von Mentees erkennen. Natürlich sollten sie über ein umfassendes Fach- und Methodenwissen verfügen. Das ist die Basis, um einen Wissenstransfer herzustellen – ebenso wie ausgeprägte Kommunikationsfähigkeiten. Denn neben dem Anlernen, Rat geben und Fördern sollten Mentor:innen auch in der Lage sein, ihre Mentees kritisch anzuleiten und ihnen „Raum zum Denken“ geben. Das ist ein wichtiges Instrument in dieser Art der Führung: Zunächst nur den Rahmen zu setzen, die jungen Talente laufen zu lassen und anschließend im Jour Fixe über das Vorgehen zu sprechen.

Mentoring

Welche Stärken bringen Mentees bestenfalls mit?
Ich denke, das Verständnis einer Partnerschaft ist entscheidend: Sie beinhaltet Vertraulichkeit, Offenheit, Engagement und Verlässlichkeit. Dazu kommen eine hohe Lernbereitschaft und Reflexionsvermögen. Mentoring funktioniert als Tandem: Der Beitrag, den Mentees leisten, ist sehr wichtig. Er gründet auch auf ihrem Wissen, ihrem Einschätzungsvermögen und ihren Erfahrungen.  

Welche Psychologie steckt genau hinter Mentoring in Unternehmen?
Das übergeordnete Ziel ist die nachhaltige sogenannte „organisationale Sozialisation“ neuer Mitarbeiter. Mentor:innen agieren in diesem System als Integrationshilfe: Die neuen Talente entwickeln im besten Fall eine starke Bindung ans Unternehmen, die sie motiviert, ihre Aufgaben mit Engagement und Kompetenz zu erfüllen. Im besten Fall werden sie schnell zu voll integrierten Mitgliedern der Organisation, die die Unternehmenskultur verinnerlicht haben.

Gerade Berufsanfänger bringen oft falsche Erwartungen und Unsicherheit mit. Es fehlen ihnen zu Beginn einfach die relevanten Informationen, aber auch – und nicht zu vergessen – die sozialen Kontakte im neuen Umfeld. Schlimmstenfalls führt dieser Mangel zu Frustration und Enttäuschung, was die Integration sehr erschwert. Genau hier greift Mentoring in besonderer Weise: Mentees werden von vornherein maßgeblich auf dem Weg zu ihrer neuen Rolle begleitet. Der Wissenstransfer findet individuell und innerhalb einer Vertrauensbeziehung statt. Hier gibt es keine dummen Fragen. Auch werden Mentees mit den Kolleg:innen vernetzt, was ein sehr wichtiger psychologischer Faktor ist, um sich in einem neuen Unternehmen wohl zu fühlen.
 

Mentorship

Welche nachhaltigen Effekte ergeben sich daraus konkret für Unternehmen?
Unternehmen erreichen in der Regel eine schnellere Integration neuer Talente. Die Mentees lernen die Organisation besser kennen, beherrschen ihr Aufgabenfeld wesentlich schneller, bauen ihr persönliches Netzwerk auf, werden sicherer und übernehmen sukzessive mehr Verantwortung. Mittel- bis langfristig profitieren Unternehmen also ganz klar von der Bindung der neuen Mitarbeiter:innen ans Unternehmen.  

Finden Sie, dass Unternehmensberater:innen fürs Mentoring prädestiniert sind?

Nicht unbedingt. Ein Top-Consultant mit langjähriger Erfahrung und exzellenten analytischen Fähigkeiten muss ja nicht ein guter Zuhörer sein. Ich finde aber, Mentoring sollte vor allem in Beratungen ein fester Unternehmensbestandteil sein. Hier ist es aufgrund der Dynamik des Geschäfts besonders wichtig, die erwähnte organisationale Sozialisation zügig zu erreichen. Bei größeren Organisationen sollte die Option auf Mentoring bestehen, gegebenenfalls als Teil eines Talentförderungsprogramms. 

Seit wann gibt es Mentoring bei enomyc und was hat unausweichlich für das Programm gesprochen?
In strukturierter Form führen wir Mentorings seit 2018 für Consultants und Senior Consultants. Eine wichtige Erkenntnis hat für das Programm gesprochen: Um unsere Unternehmensziele zu erreichen, bedurfte es einer dedizierten Investition in die Integration und Weiterentwicklung von jungen Talenten. Über das Mentoring-Programm können wir das sicherstellen. Dieser Aspekt hat durch das Rebranding und die damit einhergehende Transformation von enomyc eine ganz besondere Bedeutung: Die vereinbarten „Core Values“ werden neuen Kolleg:innen auch über ihre Mentor: innen aktiv vermittelt und vorgelebt.

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Welchen Impact hat Mentoring in Unternehmen auf die Generation der Millennials, die einen neuen Anspruch an Arbeit und Arbeitgeber stellt?

Einen immensen! Millennials sind Vertrauen, faire Behandlung, Wertschätzung, Integrität und weitere „Core Values“ sehr wichtig. Sind diese Werte im Unternehmen und im Mentoring verankert, hat das einen nachhaltigen Effekt: Eine Umfrage von Deloitte[1] zeigte schon 2016, dass die Bindung von Millennials an Unternehmen durch das Angebot und die Inanspruchnahme von Mentoring positiv beeinflusst wird: „Those intending to stay with their organization for more than five years are twice as likely to have a mentor (68 percent) than not (32 percent)”, heißt es. Mentoring greift hier, als strategisches Werkzeug im HR-Baukasten, also noch tiefer als sonst. 

Welche Leitlinien liegen dem Mentorenprogramm von enomyc zugrunde?

Die drei F‘s des Mentoring: Fordern, Fördern, Feedback. Unsere jungen Talente begleiten ihre:n Mentor:in ab Tag 1 auf Projekte und zu Kunden. Mentees übernehmen dabei unter Anleitung sukzessive mehr Verantwortung. Der gemeinsam definierte Entwicklungsplan bildet dafür den verbindlichen Rahmen. Wir fördern unsere Mentees individuell. Der Transfer von Methodenkompetenz und Erfahrung erfolgt nach dem Prinzip „Learning by Doing“. Die Mentoren stehen dabei immer für Fragen zur Verfügung, geben sowohl beruflichen als auch persönlichen Rat und öffnen zum Aufbau des eigenen Netzwerks – intern und bei allen relevanten Stakeholdern – Türen. Sie geben außerdem regelmäßig ehrliches Feedback. Feedback schafft die notwendige Transparenz über den individuellen Entwicklungsstand und ermöglicht kontinuierliches Lernen im Sinne von „Lessons Learned“.  

Mitarbeiterentwicklung durch Mentoring-2

Nach welchen Kriterien werden bei enomyc Teams aus Mentees und Mentoren zusammengestellt?
Zum einen orientieren wir uns an der Organisationsstruktur, die auf Beraterseite nach den typischen Unternehmensfunktionen gegliedert ist – Finance, Operations oder Sales & Marketing. Neuen Talenten werden erfahrene Mentor:innen aus dem jeweiligen Funktionsteam zugeordnet. Zum anderen achten wir auf die individuellen fachlichen Vorkenntnisse, die wiederum den Bedarf an Aus- und Weiterbildung bestimmen. Wir stellen die Teams auch in Hinblick auf die Chemie zwischen Mentor:in und Mentee zusammen. Die sollte stimmen!

Wie fallen die Rückmeldungen der Mentees bislang aus?

Durchweg positiv. Die Mentees heben den persönlichen Austausch mit den erfahrenen Kolleg:innen hervor, dass sie ehrliches Interesse an ihrer Weiterentwicklung zeigen, ihnen als Vorbild und Ratgeber dienen und die „Hidden Rules“ des Unternehmens und Beratungsgeschäfts erklären. Und selbstverständlich profitiert man auch als Mentor:in sehr konkret von der Interaktion mit den jungen Talenten: Ihre Perspektiven und ihre Kompetenzen sind eine Bereicherung für das ganze Unternehmen.  

Wie geht es weiter mit dem Thema Mentoring bei enomyc?

Nachdem wir Mentoring mittlerweile als Standard beim Onboarding von neuen Kolleg:innen etabliert haben, geht es nun darum, das Konzept durch kontinuierliches organisationales Lernen weiter zu optimieren.  

Welche Learnings haben Sie aus dem Mentorenprogramm bei enomyc gezogen?

Beratungsgeschäft ist „People Business“: Die Qualität unserer Dienstleistung lebt von unseren Beraterpersönlichkeiten und ihren Fähigkeiten. Das bisherige Feedback und die nachweislich positive Wirkung auf die Entwicklung junger Talente hat unternehmensintern die Wertschätzung für die Investitionen in das Mentorenprogramm enorm gesteigert. Damit spricht aus meiner Sicht der Ansatz für sich selbst. 

Welche Empfehlungen haben Sie für Firmen, die nun ein Mentorenprogramm entwickeln möchten?

Zwar ist es wichtig, am Ende ein ausgereiftes Mentoring-Konzept zu haben, um die Zielsetzung, Rahmenbedingungen und Erwartungen an die beteiligten Kolleg:innen zu vermitteln. Als noch wichtiger erachte ich, erste Erfahrungen möglichst schnell durch einen „Test-Case“ zu sammeln: Tatsächlich liefert erst eine konkrete Mentoring-Beziehung wichtige Insights darüber, was im Unternehmen funktioniert und was nicht. Diese früh gewonnenen Erkenntnisse sollten unbedingt das endgültige Mentoring-Konzept prägen.

Vielen Dank für das Interview, Herr Dr. Hermeier.

[1] The 2016 Deloitte Millennial Survey. Winning over the next generation of leaders.  

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