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Wir gratulieren Aileen Sommer (Business Development Telematik) und Dr. Matthias Feistel (Geschäftsführer) von LUIS Technology sowie Franz Wenzel, Managing Consultant bei enomyc, zur Auszeichnung „Best of Consulting“ der WirtschaftsWoche! Ihr gemeinsames Projekt rettet Leben: LUIS Technology und enomyc haben den Kamera-Software-basierten Abbiegeassistenten LUIS TURN DETECT® digital so weiterentwickelt, dass Abbiegeunfälle nicht nur im Gefahrenmoment selbst vermieden werden können: Das intelligente System kann jetzt sogar als Frühwarnsystem funktionieren.

Wir haben die beiden zum gemeinsamen Projekt interviewt: Warum hat sich LUIS für externen Expertenrat entschieden? Was hat die digitale Weiterentwicklung des Systems gebracht und wie sieht die Stadt der Zukunft aus? Erfahren Sie mehr!

Gratulation! Sie haben gemeinsam die Auszeichnung der WirtschaftsWoche "Best of Consulting" erhalten. Was denken Sie, Herr Wenzel: Was ist das Rezept für gute Zusammenarbeit und für den Erfolg, den Sie gemeinsam erreicht haben?

Franz Wenzel: Gegenseitiges Vertrauen, Offenheit, einander Freiräume zu lassen und unternehmerische Risiken einzugehen.

Herr Feistel, aus welchen Gründen haben Sie für LUIS Technology externen Rat konsultiert?

Matthias Feistel: Man erkennt irgendwo seine eigene Limitation, sei es kapazitär oder was das unternehmerische Know-how betrifft. Ich bin der Meinung, externer Rat sollte nicht nur für groß angelegte Projekte hinzugezogen werden, sondern auch ganz punktuell und in sehr speziellen Fragestellungen.

 

Auch mit seinen Produkten geht LUIS Technology auf Nummer sicher. Was gab den Ausschlag zur Entwicklung des Kamera-Software-basierten Abbiegeassistenten LUIS TURN DETECT®?

MF: Wir sind seit 1999 auf Kamera-Monitor- und Fahrassistenzsysteme spezialisiert. Die Kamera-Monitor Systeme sind auch bis heute eine große Hilfe für Fahrer:innen. Allerdings nur passiv. Für uns musste ein aktives Warnsystem her! Eines, was präventiv greift und Abbiegeunfälle, bei denen Fahrradfahrer:innen zum Teil tödlich verletzt werden, deutlich verringert. Wir steckten mitten in den Entwicklungen, als sich auch das öffentliche Interesse regte: Es gab Aufrufe und Aktionen – denken wir an die weißen Ghost Bikes, die an realen Unfallorten platziert wurden. Hinzu kamen Impulse aus unseren Familien. Parallel entstand eine Kooperation mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. Wir waren oft bei initialen Treffen und haben den Aufruf für eine schnelle praktikable Lösung sehr ernst genommen. Mit unserem System LUIS TURN DETECT® ist eine Top Lösung an den Start gegangen.


scheuer 1V.r.n.l.: Andreas Scheuer, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, mit Rüdiger Kruse MdB, Vorsitzender der Landesgruppe Hamburg CDU/CSU, sowie Martin Groschke und Dr. Matthias Feistel, beide Geschäftsführende Gesellschafter LUIS Technology, bei der Übergabe der ersten ABE (Allgemeine Betriebserlaubnis) in Deutschland, im Innenhof des Verkehrsministeriums, am 21. März 2019. (Quelle: LUIS Technology)

Was leistet das System genau?

MF: Es ermöglicht den Fahrer:innen, ihre LKWs auf Landstraßen, vor allem aber in der Stadt, sicherer zu manövrieren und vulnerable Verkehrsteilnehmer, die sich im toten Winkel befinden, rechtzeitig wahrzunehmen. Bei Abbiegeunfällen geht es manchmal um Millisekunden, bei denen nicht alle, am LKW angebrachten Spiegel, gleichzeitig eingesehen werden können. Hier warnt unser System umfassend und rechtzeitig über Kameratechnik: Die LKW-Fahrer:innen sehen den toten Winkel über einen Bildschirm ein. Dabei wird das Bild der Kamera in einem kleinen Computer ausgewertet. Stuft der Algorithmus die Situation als potenziell gefährlich ein, gibt das System eine optische Warnung. Wenn die Fahrer:innen nicht darauf reagieren sollten und trotzdem das Lenkrad einschlagen, fällt zusätzlich ein starkes akustisches Signal. So können sie handeln, bevor es zu einer gefährlichen Kollision kommt.


Die Rechtsabbiegesituation im Detail – Die zweite Reihe ist hierbei die Quelle der meisten Toten und Verletzten. (Quelle: LUIS Technology, Unfallforschung der Versicherer (UDV) & Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt)

Herr Wenzel, Sie sind im Juni 2019 in das gemeinsame Projekt gestartet. In welcher Funktion und mit welchem Ziel?
FW: Ja, ich stieg interimsweise ein, als das Basissystem in der Entwicklung war. Es sollte marktreif gemacht werden. Meine Aufgaben bestanden darin, die Projektentwicklung zu Ende zu führen, das Produkt zu lancieren und eine geeignete Projektnachfolge zu finden. Ziel war, die Daten, die das System meldete, zu sammeln und auszuwerten, sodass eine brenzlige Situation an einer bestimmten Straßenkreuzung nicht länger als One-Time-Event behandelt, sondern telematisch so verwertet wird, dass LUIS TURN DETECT® als Frühwarnsystem funktionieren kann.

Dafür wurden noch zwei weitere Technologie-Bestandteile in die Fahrzeuge eingebaut: ein weiterer Controller und ein GPS-Tracker. Es wurde – gekoppelt an die Software-Datenbank – die entsprechende Backend-Infrastruktur geschaffen. Mit dem Ergebnis kann LUIS Technology heute beispielsweise Kommunen Informationen über die Gefährlichkeit bestimmter Areale zur Verfügung stellen, sodass sie dann Ampelschaltung, Infrastrukturveränderungen, Geschwindigkeitsanpassungen und weitere Präventivmaßnahmen vornehmen, um Unfallschwerpunkte zu entschärften.

Hier setzte meine Nachfolgerin Aileen Sommer an und erweiterte die Auswertung der LUIS Prevent-Datenbank. Die gesammelten Daten werden jetzt automatisch geclustert und bilden die potenziell gefährlichsten Unfallhotspots der Stadt Hamburg ab. Im nächsten Schritt sollen weitere Großstädte wie München, Lübeck oder Köln in das System implementiert werden. Hierfür ist LUIS Technology aktuell auf der Suche nach geeigneten Partnern wie Logistikunternehmen oder kommunalen Verkehrsunternehmen.

LUIS Prevent-Datenbank 2-1Gefahrenschwerpunkte: Die Daten der LUIS Prevent-Datenbank werden grafisch aufbereitet, um schnell und einfach potentielle Gefahrenpunkte zu erkennen. Quelle: LUIS Technology

Was hat Sie persönlich an diesem Projekt beeindruckt?

FW: LUIS Technology und sein Umfeld befinden sich in einem starken Wachstum. Es gibt kontinuierliche Veränderungen und die damit bekannten und einhergehenden Wachstumsschmerzen. Bei LUIS Technology hat mich trotz dieser Umstände das Zusammenspiel der Teams beeindruckt: Wie eng und förderlich die Zusammenarbeit mit den Technikern und Entwicklern lief. Jede Idee, jeder Gedankengang wurde aufgegriffen und geprüft. Es galt "Sky is the Limit" und "Einfach mal ausprobieren".

Es war aber nicht nur der "Hands-on Approach", der mich bei LUIS beeindruckt hat: Das Projekt mit LUIS überstieg bei Weitem die als typisch geltende Beratungsleistung, wie theoretische Auswertungen und das Ausarbeiten von Konzepten. Ich wurde in laufende Projekte miteinbezogen, flog beispielsweise mehrfach nach England und Irland, um vor Ort etwaige Fehler im System von Kunden zu identifizieren und adäquate Lösungen für Auftraggeber zu finden. Und ich wurde selten so offen in eine Organisation aufgenommen: Ich erhielt für jegliche Anfrage aus jeder Abteilung sofort Support und war sogar an Teambuilding-Maßnahmen beteiligt.

Was war eine Ihrer ersten Aufgaben? 

FW: Das werde ich Matthias nie vergessen: Eine meiner ersten Aufgaben bestand darin, mich ein Wochenende lang mit den Demo-Produkten von LUIS einzusperren und sie komplett auseinanderzunehmen. Ich sollte sie vollends begreifen. Da ich privat sehr gern tüftle und mich für Drohnentechnologie interessiere, hat es mir großen Spaß gemacht, mich in diesem Ausmaß mit der Telematik von LUIS’ Produkten zu beschäftigen. 

Herr Feistel, die Stadt Hamburg war Ihr Pilotkunde. Welche Kooperationen bestehen noch?

MF: Es bestehen bereits hunderte Kooperationen mit Logistikern und vielen großen Kommunen, wie beispielsweise die Stadt Hamburg. Die Stadtreinigung ist inzwischen gänzlich mit unserem System ausgestattet. So auch weitere Teile der Remondis-Flotte. Aktuell statten wir die Stadt München aus. Wir haben eine Kooperation mit dem Verband BGL, mit dem wir im Frühjahr den "#LogistikHilft"-Shop eröffnet haben – da geht es jetzt vor allen Dingen um den Transport von Hilfsgütern wie Schutzausrüstungen und Covid-19-Schnelltests. Neu ist die Kooperation mit der SVG. Auch sind wir Mitglied bei der Verkehrswacht Hamburg. Sie ist ebenfalls mit LUIS Sicherheitstechnik ausgerüstet, bildet Unternehmen und Schüler:innen aus und weiter.

Generell legen wir großen Wert auf gute Partnerschaften, Kooperationen und die Zusammenarbeit mit Wettbewerbern, der Politik und Verbänden – zum Beispiel für Künstliche Intelligenz mit den Verbänden ARIC und AI.HAMBURG. Man braucht nie zu denken, dass man selber alles besser weiß.

Fühlen Sie sich mit dem Wissen um Lösungen wie LUIS TURN DETECT® sicherer auf Hamburgs Straßen?

MF: Ja. Vor allem, weil ich weiß, dass die Entwicklungen immer weitergehen.

In welche Richtung gehen sie denn weiter?

MF: Der Algorithmus wird weiter verbessert, sodass noch zielgerichteter detektiert wird – bis über 40 Meter hinter das Fahrzeug. Die EU-Regulierung, die 2022 in Kraft tritt, besagt, dass alle neuen Fahrzeugtypen im Bereich LKW mit einem Abbiegeassistenten, der diese Regulierung erfüllt, ausgestattet sein müssen. Ab 2024 betrifft die Pflicht dann alle neu zugelassenen Nutzfahrzeuge der Klassen N2, N3, M2 und M3. Um diese neue Regulierung zu erfüllen, bedarf es einer Weiterentwicklung der Technologie. Wir sind mittendrin und werden das System Anfang nächsten Jahres auf den Markt bringen.

Welche Rolle spielt hier KI?

MF: Eine bedeutende. Es bedarf einer Lernphase, in der das neuronale Netz Situationen – beispielsweise mit Fahrradfahrern, Fußgängern, Kinderwagen – sehr präzise erkennt und erlernt. Und genau dafür haben wir das Joint-Venture LUVIS AI gegründet und entwickeln die benötigte Software.

Wie sieht für Sie die Stadt der Zukunft aus?

MF: Das Thema, was das ganze Projekt umschließt, ist „Smart City" und das Stichwort „Datennutzung". Wir sehen eine ganze Reihe an Anknüpfungspunkten, bei denen eine Vielzahl weiterer, anonymer Daten generiert und sinnvoll genutzt werden kann, um Städte noch sicherer zu machen und einen besser fließenden Verkehr zu erzielen. Das, was jetzt entwickelt wird, das ist erst der Auftakt. Unser Telematik-Team entwickelt derzeit zusammen mit Kunden zukunftsweisende Lösungen bspw. für eine Messung der freien Laderaumkapazität eines Trailers oder LKW-Kofferaufbaus, für eine intelligente Temperaturüberwachung, für hochauflösende Videoaufzeichnung oder für vorbeugende Instandhaltung von mobilen Arbeitsmaschinen. 

Wie sieht die „Smart City” für Sie aus, Herr Wenzel?

FW: Mein Traum wäre eine Stadt ohne Ampeln, in der selbstfahrende, voll sensorische E-Autos unterwegs sind, die ihre Umwelt in jeglicher Hinsicht berücksichtigen. 

Welchen Gedanken möchten Sie gern abschließend teilen?
FW: Ich möchte mich für die Zusammenarbeit mit Matthias sowie den beiden weiteren Geschäftsführern, Martin Groschke und Dr. Moritz Kübel, und dem gesamten Team von LUIS Technology bedanken. Es ist toll, ein so schlagartiges und gleichzeitig permanentes Wachstum mit einem solchen Team und Unternehmen miterleben zu dürfen. Auch hätte ich mir keine bessere Nachfolgerin als Aileen Sommer für diesen Geschäftsbereich vorstellen können. Das hat soweit alles sehr gut geklappt!


Dr. Matthias Feistel, Ailleen Sommer und Franz Wenzel
Dr. Matthias Feistel, Aileen Sommer und Franz Wenzel (v.l.n.r.)


Vielen Dank für das Interview.


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