Durch die Hintertür ins Eigenkapital: Wie Loan-to-own den Restrukturierungsmarkt verändert
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Im Zusammenhang mit Restrukturierungen ist immer öfter von sogenannten Loan-to-own-Transaktionen die Rede. Bei dem ursprünglich aus den USA stammenden Modell kaufen insbesondere Finanzinvestoren gezielt Forderungen gegen Schuldnerunternehmen auf, um diese in vorinsolvenzlichen Sanierungsverhandlungen oder im Rahmen eines Insolvenzverfahrens zu übernehmen. enomyc-Autor Alexander Neumann erklärt, welche Rolle das Instrument auf dem deutschen Markt spielt, welche Vorteile solche Transaktionen für Banken und Investoren – und gegebenenfalls die betroffenen Unternehmer – haben und was dabei zu beachten ist.

Loan-to-own-Transaktionen erfreuen sich auch auf dem deutschen Markt immer größerer Beliebtheit. Sie bieten aktivistischen Investoren die Möglichkeit, mit geringem Kapitaleinsatz die Kontrolle im Zielunternehmen zu übernehmen und dessen Restrukturierung aktiv zu gestalten. Banken eröffnen sie neue Möglichkeiten, Risiken abzubauen und sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren.

Zwei Ansätze von Loan-to-own-Transaktionen sind besonders häufig zu beobachten:

  • Investoren, meist aktivistische Akteure wie Hedge- und/oder Debt-Fonds, die während einer Unternehmenskrise Fremdkapital etwa auf dem Distressed Debt-Markt mit dem Ziel erwerben, dieses in Eigenkapital umzuwandeln und so die Kontrolle über das Unternehmen zu übernehmen.
  • Eine andere Variante ist die Darlehensvergabe in fortgeschrittenen Krisenphasen, in denen Unternehmen meist keinen anderen Zugang zum Kapitalmarkt mehr haben. Die Vergabe findet häufig sogar in einer der bestehenden Finanzierung nachrangigen Position statt. Als Sicherheit wird die Verpfändung von Geschäftsanteilen in einem regelmäßig engen Covenant-Rahmen vereinbart. Im Default-Fall gehen die Geschäftsanteile auf den Gläubiger über.

In Deutschland haben Loan-to-own-Transaktionen in den Jahren nach der Finanzkrise Fahrt aufgenommen. Das Restrukturierungsrecht (ESUG u.a.) legt neben der möglichen Zwangsbindung dissentierender Gläubiger auch einen Fokus auf das Problem, dass Vetorechte von Alteigentümern schnelle Restrukturierungen häufig behindern oder vereiteln. In der Folge sind Investoren nach einigen ‚Pilotprojekten‘ im Restrukturierungsmarkt zunehmend aktiv geworden.

Mechanismen von Loan-to-own-Transaktionen

Loan-to-own-Transaktionen lassen sich grob in zwei Phasen unterscheiden: vor der Insolvenz und während eines Insolvenzplanverfahrens. Beide Zeitfenster bieten unterschiedliche Chancen und Risiken für Investoren, aber auch für Banken und andere Gläubiger. Was alle Phasen eint, ist, dass die Anwendung dieses Instruments häufig mit der Bereitstellung neuer Liquidität verbunden ist, um damit die operative Restrukturierung und somit die Wertsteigerung des Unternehmens zu finanzieren.

Vor einer Insolvenz versuchen aktivistische Investoren, notleidende Kredite (Non-Performing Loans, NPLs) von Banken oder anderen Gläubigern in hinreichend großem Umfang zu erwerben. Diese Kredite sind oft stark abgewertet, so dass Investoren sie zu einem Bruchteil des ursprünglichen Wertes kaufen können.

Vor der Insolvenz: Loan-to-own durch den Erwerb und Swap von Kreditverbindlichkeiten

Das Ziel der Investoren in dieser Phase ist es, die Kredite im Falle einer Unternehmensrestrukturierung oder Insolvenz in Eigenkapital umzuwandeln. Dies wird oft über einen sogenannten Debt-to-Equity-Swap bewerkstelligt, bei dem der Investor seine Forderungen in Unternehmensanteile umwandelt. Dies geschieht in der Regel im Rahmen einer außergerichtlichen Restrukturierung, bei der sich Unternehmen und Gläubiger auf eine Umwandlung einigen, um eine Insolvenz abzuwenden. Der Investor erhält dadurch nicht nur eine direkte Beteiligung am Unternehmen, sondern auch Einfluss auf die Unternehmensführung.

Eine weitere gängige vorinsolvenzliche Option für Investoren ist die Darlehensvergabe an Unternehmen, die krisenbedingt keinen weiteren Zugang zum Kapitalmarkt haben. Als Sicherheit dient die direkte Verpfändung von Geschäftsanteilen durch bestehende Gesellschafter, meist verbunden mit Covenants, deren Verfehlung die Übertragung der Geschäftsanteile zur Folge hat. Dieses Vorgehen steht für die beiden Seiten einer Wette auf die kurzfristigen Restrukturierungsaussichten des Unternehmens: Während der Schuldner auf einen Turnaround mit den Mitteln des ‚Lenders of last resort‘ und dessen anschließende Ablösung hofft, begreifen Investoren die Darlehensvergabe auf Basis einer gegenläufigen Einschätzung als Weg ins Eigenkapital. In jüngerer Zeit war ein solches Vorgehen insbesondere im Real Estate-Sektor zu beobachten, weil Unternehmen die Kapitaldienste hochvolumiger Finanzierungen teilweise prominenter Gewerbeimmobilien im Zuge der Zinsentwicklung nicht mehr erwirtschaften konnten. Mangels regulärer Alternativen haben aktivistische Investoren den zusätzlichen Finanzierungsbedarf schließlich gedeckt.

Loan-to-own im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens

Im Falle einer Insolvenz können Investoren Loan-to-own-Strategien auch während eines Insolvenzplanverfahrens verfolgen. Auch hier spielen Debt-to-Equity-Swaps eine entscheidende Rolle. Durch die Kontrolle über einen ausreichend großen Teil der Forderungen können Investoren im Insolvenzplanverfahren Einfluss auf die Restrukturierung des Unternehmens nehmen. Entlang des Rahmens, der durch die Bestimmungen des ESUG sowie beispielsweise auch das Schuldverschreibungsgesetz (SchVG) gegeben ist, gelingt häufig auch die vollständige Übernahme von Unternehmen (Debt-to-Equity-Swap nach Kapitalschnitt) auch ohne (ggf. sogar sanierungswillige) Altgesellschafter.

Wie entwickelt sich der Markt in Deutschland?

In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Loan-to-own-Transaktionen in Deutschland deutlich gestiegen. Dies ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Eine maßgebliche Rolle spielen Veränderungen im Insolvenzrecht. Insbesondere durch die Einführung des ESUG (Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen) im Jahr 2012 ist es für Investoren deutlich einfacher geworden, durch Debt-to-Equity-Swaps Unternehmensanteile zu erwerben und aktiv in den Restrukturierungsprozess einzugreifen. Das ESUG ermöglicht es Gläubigern nämlich, im Insolvenzplanverfahren eine größere Rolle zu spielen und das Schicksal des Unternehmens maßgeblich zu beeinflussen. Das ESUG zielt darauf ab, die Sanierungschancen von Unternehmen zu verbessern und eine ausgewogene Befriedigung der Gläubiger zu gewährleisten. Hierbei ist der Umgang mit den Implikationen der Werthaltigkeit von Forderungen bei der Umwandlung in Eigenkapital nicht das Ergebnis einer eindeutigen Bewertungsmethode, sondern regelmäßig eingebettet in ein (konsensuales) Gesamtkonzept.

Ein zweiter Faktor, der Loan-to-own-Transaktionen begünstigt, ist die zunehmende Aktivität aktivistischer Investoren. So hat sich das Umfeld für diese Investorengruppe in Deutschland in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Aktivisten sind immer öfter bereit, in notleidende Unternehmen zu investieren und durch Loan-to-own-Strategien eine aktive Rolle bei deren Restrukturierung und nachhaltigen Erhalt zu übernehmen. Diese Investoren sehen in der Krise eine Chance und nutzen ihre finanziellen Mittel und ihr Verhandlungsgeschick, um die Kontrolle über angeschlagene Unternehmen zu erlangen. Damit bieten sie Altgesellschaftern zumindest die Aussicht, dass ihr Unternehmen – und häufig Lebenswerk – vor einer Insolvenz bewahrt und weitergeführt werden kann, wenngleich in neuen Besitzverhältnissen.

Schließlich ist durch den Rückzug der traditionellen Banken aus der Finanzierung notleidender Unternehmen ein Handlungsfeld entstanden, das beispielsweise durch aktivistische Investoren bespielt wird. Gründe für den Rückzug sind unter anderem strengere regulatorische Anforderungen und der hohe Betreuungsaufwand solcher Engagements bei gleichzeitig limitierten Kapazitäten in der Intensivbetreuung.

Vorteile für Banken und aktivistische Investoren

Für Banken hat die Veräußerung von notleidenden Krediten an aktivistische Investoren mehrere Vorteile. So können sie durch den Verkauf von NPLs ihre Bilanzen bereinigen und das Risiko von weiteren Verlusten minimieren. In einem Umfeld, in dem regulatorische Anforderungen an die Eigenkapitalquote steigen, ist das ein schwerwiegendes Argument. Zum anderen bieten solche Transaktionen auch die Möglichkeit, sich stärker auf das Kerngeschäft zu fokussieren, statt umfassende Kapazitäten in die Restrukturierung und Sanierung von problembehafteten Unternehmen zu investieren.

Für aktivistische Investoren liegt der Reiz von Loan-to-own-Transaktionen in der Möglichkeit, mit einem vergleichsweise geringen Kapitaleinsatz größere Anteile zu erwerben und so die Kontrolle über das betroffene Unternehmen zu erlangen. Durch ihre aktive Rolle in der Restrukturierung können diese Investoren den Unternehmenswert steigern und später einen profitablen Exit erzielen.

Erfolgsfaktoren von Loan-to-own-Transaktionen

Trotz vieler Vorzüge für alle Beteiligten sind Loan-to-own-Transaktionen im aktuell komplexen Marktumfeld kein Selbstläufer. Für viele Gesellschafter ist der Einstieg eines aktivistischen Investors in einer ohnehin herausfordernden Situation ein zusätzlicher Stressfaktor, zumal solche Transaktionen ein hohes Maß an strategischer Expertise, praktischer Sanierungserfahrung und kommunikativem Fingerspitzengefühl erfordern.

Selten sind all diese Kompetenzen im Unternehmen vertreten. Daher ist es für Investoren ratsam, sich bei den Strategien für den Erwerb und die spätere Wertsteigerung eines Unternehmens beraten zu lassen. Dies umfasst die Analyse der finanziellen Situation, die Bewertung von Restrukturierungsmöglichkeiten und die Verhandlung mit Gläubigern und anderen Stakeholdern.

Auch die Durchführung einer Loan-to-own-Transaktion erfordert ein tiefes Verständnis des wirtschaftlichen Umfelds. Experten können Sie bei der Strukturierung des Debt-to-Equity-Swaps unterstützen und sicherstellen, dass alle regulatorischen Anforderungen eingehalten werden. Eine erfolgreiche Restrukturierung stellt und fällt schließlich auch mit der Fähigkeit, verschiedene Interessengruppen – von Gläubigern über die Geschäftsführung bis hin zu Mitarbeitenden – von dem Konzept zu überzeugen und auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Ein kompetenter Berater kann hier glaubhaft eine neutrale Vermittlerrolle übernehmen, für eine reibungslose Kommunikation sorgen und die Erfolgschancen solcher Transaktionen dadurch deutlich erhöhen.

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