Prognosen sind schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen. Was so flapsig-leicht klingt, ist im unternehmerischen Alltag oft eine große Belastung, denn die meisten Entscheidungen müssen unter großer Unsicherheit getroffen werden. Niemand weiß, was die Zukunft bringen und welche Entscheidung sich am Ende als die Richtige entpuppen wird. Unsere enomyc-Autoren Stefan Frings und Mario Trapp zeigen in ihrem Beitrag, wie moderne Business Intelligence- und Business Analytics-Lösungen auch mittelständischen Unternehmen dabei helfen können, zu besser informierten und damit fundierteren Entscheidungen zu kommen.
Eine der Grundannahmen der Betriebswirtschaftslehre lautet, dass Entscheidungen in Unternehmen in der Regel unter Unsicherheit getroffen werden. Die Verantwortlichen verfügen also nicht über die Informationen, die notwendig wären, um die mit der Entscheidung verbundenen Konsequenzen und Risiken vollständig abzusehen.
Vor diesem Hintergrund ist es seit ihren Anfängen ein zentrales Erkenntnisziel der anwendungsorientierten Betriebswirtschaftslehre, Methoden und Instrumente für rationale Entscheidungen zur Verfügung zu stellen – eben um das Ausmaß der Unsicherheit zu reduzieren. Dafür wiederum, und damit schließt sich der Kreis, benötigt man bessere Informationen.
Auf der Suche nach verlässlicheren Annahmen und besseren Entscheidungen können sich Führungskräfte und Unternehmer aus der Praxis heute schnell im Dickicht des Angebots unzähliger IT-Tools verirren. Moderne Business Intelligence- oder Business Analytics-Lösungen versprechen die Strukturierung und Verarbeitung großer Datenmengen – auch bei begrenzten Rechnerkapazitäten.
BI und BA: von deskriptiv zu präskriptiv
Business Intelligence (BI)-Anwendungen sind Tools, mit deren Hilfe Geschäftsdaten analysiert und in verwertbare Erkenntnisse umgewandelt werden können. Bekannte Lösungen sind etwa Power BI, Tableau und Qlik. Sie schaffen die Grundlage für fundiertere Entscheidungen, indem sie große Datenmengen mit wenigen Klicks visuell auf Dashboards darstellen und auf intuitiven Benutzeroberflächen interaktive Analysen erlauben. Durch die Möglichkeit, Daten in Echtzeit zu visualisieren, lassen sich in kurzer Zeit Muster erkennen, Geschäftsprozesse optimieren und besser informierte Entscheidungen treffen. Solche BI-Tools sind besonders nützlich, wenn es darum geht, deskriptive (Was passiert?) und diagnostische (Warum ist es passiert?) Analysen durchzuführen.
Business Analytics (BA)-Tools nutzen Unternehmensdaten dagegen zur Prognose von Trends und Ergebnissen, also etwa zur zielgerichteten Optimierung komplexer Fragestellungen. Programmiersprachen wie Python und R sind im Bereich der Datenanalyse echte Game Changer. Sie ermöglichen statistische Analysen unter Zuhilfenahme von maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz. Das versetzt Unternehmen in die Lage, vorhersagende (Was wird wahrscheinlich passieren?) und präskriptive (Wie kann ein bestimmtes Ergebnis erreicht werden?) Analysen durchzuführen. Mit Python und R lassen sich außerdem komplexe Modelle entwickeln, die nicht nur vergangene Daten berücksichtigen, sondern auch zukünftige Trends prognostizieren und Empfehlungen für optimale Geschäftsentscheidungen geben.
Auch im Hinblick auf den Fokus und die Komplexität der jeweiligen Werkzeuge und Methoden zeigen sich bei BI und BA große Unterschiede. Während BI-Tools wie Power BI, Tableau und Qlik in erster Linie zur Darstellung und Analyse von Geschäftsdaten eingesetzt werden, gehen Python und R einen Schritt weiter und bieten fortgeschrittene Analysefunktionen, die weit über die reine Datenvisualisierung hinausgehen.
So können Unternehmen Power BI beispielsweise einsetzen, um Verkaufstrends in verschiedenen Regionen zu überwachen oder herauszufinden, welche Produkte sich am besten verkaufen. Gleichzeitig können sie Python verwenden, um basierend auf aktuellen Daten und externen Faktoren wie Marktbedingungen oder saisonalen Schwankungen Vorhersagemodelle für künftige Verkaufstrends zu entwickeln.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Integration von BI-Tools und modernen Programmiersprachen in die Geschäftsstrategie einen großen Mehrwert bietet. Sie hilft Unternehmen, ihre Entscheidungsfindung zu verbessern, Risiken zu minimieren und sich dadurch einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. In einer Zeit, in der Daten als „das neue Öl“ gelten, sollten auch mittelständische Unternehmen diese Ressourcen nutzen.
Wie werden die Tools in der Praxis eingesetzt?
Grundsätzlich sind alle Optimierungsfragestellungen, die die Analyse großer Datenmengen voraussetzen, potenzielle Anwendungsfälle von BI und BA, etwa die Ausschreibung von Logistikleistungen wie Kurier, Express- und Paketlieferungen. Typischerweise orientieren sich die Preise der Versanddienstleister an Postleitzahlen und Service-Level wie Gewicht und Geschwindigkeit. Analysiert man nun die Sendungsstrukturen, steigt die Zahl der Kombinationsmöglichkeiten aus Postleitzahlen und Service-Level schnell auf eine Million Datenfelder und mehr. Darüber hinaus müssen die Angebote der an einer Ausschreibung teilnehmenden Dienstleister eingespielt und grafisch umgesetzt werden.
Mit einer geeigneten Visualisierung lässt sich sehr schnell erkennen, welcher Dienstleister in welchen Feldern am günstigsten ist. Die Kombination aus absoluter Transparenz und optischer Umsetzung erlaubt eine optimale Vorbereitung der Vergabeverhandlungen, wodurch kurzfristig Einsparpotenziale von zehn Prozent und mehr realisiert werden können. Auch typische Operations-Research-Fragestellungen lassen sich lösen. Beispielhaft seien hier die sogenannten „Sweet Spot-Analysen“ genannt. Darin geht es etwa um die Suche nach einem Lagerstandort, der sich mit minimalen Transportkosten aus Inbound- und Outboundlogistik betreiben lässt.
BI-Anwendungen können aber auch vertriebliche Optimierungen unterstützen. So zeigt eine Visualisierung von Umsatz und Absatz nach Postleitzahlen Schwerpunkte und „weiße Flecken“, so sich gezielt Maßnahmen für umsatzschwache Regionen identifizieren und umsetzen lassen.
Auch Produktionsstandortstrukturen können mit Hilfe von BI-Anwendungen analysiert und verbessert werden. Die Analyse der Kunden-Werk-Zuordnungen in einem Unternehmen, das sich auf Oberflächenveredelungen spezialisiert hat, macht etwa deutlich, dass eine historisch gewachsene Kunden-Werk-Zuordnung suboptimal sein kann. Die Gründe: Zum einen werden dabei überhöhte Transportkosten in Kauf genommen, weil der Kunde einem weiter entfernt gelegenen Produktionsstandort zugeordnet wurde. Zum anderen werden die Kapazitäten durch die bestehende Zuordnung nicht optimal ausgelastet. Durch eine Neuzuordnung ließ sich bei einem unserer Kunden nicht nur ein Standort schließen, auch die Transportkosten konnten um rund acht Prozent gesenkt werden.
Die Erkenntnisse komplexer Datenanalysen stehen künftig auch kleineren Unternehmen offen
Der Einsatz von BI-Tools kann das Aufwand-Nutzen-Verhältnis deutlich verbessern. Optimierungsfragestellungen, die aufgrund der Hebelwirkung bisher größeren Unternehmen vorbehalten waren, lassen sich aufgrund des deutlich reduzierten Analyseaufwands heute auch im kleineren Mittelstand beantworten.
Automobil OEM sprechen in diesem Zusammenhang gerne von einer „Demokratisierung“. Die findet immer dann statt, wenn Ausstattungsfeatures, die bisher der Ober- und oberen Mittelklasse vorbehalten waren, auch in unteren Fahrzeugklassen erhältlich sind. So verstanden, leisten BI-Anwendungen einen wichtigen Beitrag zur „Demokratisierung“ von Analysetools und Konzeptideen für den Mittelstand.
Welche Fragen beschäftigen Sie mit Blick auf Business Intelligence und Business Analytics Tools? Sprechen Sie uns gerne an. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.