Gerade Krisenzeiten bieten ideale Voraussetzungen für eine Verbesserung der Kostenposition. Das „Schlachten heiliger Kühe“ ist in schwierigen Zeiten naturgemäß einfacher umzusetzen als in Zeiten, in denen die Goldbarren förmlich „aus dem Fenster geworfen“ wurden. In früheren Krisen, wie z. B. in der Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2009, wurden vor allem die Overheadbereiche kräftig verschlankt. Mittlerweile wurde auch hier wieder Speck angesetzt, der dringend einer Diät unterzogen werden sollte.
Ein Blick auf die Kernkompetenzen eines Unternehmens eröffnet hier neue Perspektiven und Potenziale. Nicht erst seit den Veröffentlichungen von Prahalad und Hamel in den 90er Jahren steht das Management von Kernkompetenzen immer wieder im Fokus der Unternehmensführung. Demnach sind Kernkompetenzen die Fähigkeiten, die ein Unternehmen in die Lage versetzen, wesentlichen Kundennutzen zu liefern. Umgekehrt gilt, dass Leistungen, die nicht als Kernkompetenzen zu bezeichnen sind, extern bezogen werden können – soweit diese extern erbracht werden und das Unternehmen dadurch Vorteile realisieren kann. Viele Leistungen, wie z. B. technische und kaufmännische Services, werden heute vom externen Markt bezogen. Dabei werden ganze Wertschöpfungsketten verlagert – häufig an Standorte mit niedrigeren Faktorkosten, z. B. in Osteuropa.
Ein Outsoucing der Lagerlogistik eröffnet große Einsparmöglichkeiten
Ein wesentlicher und potenzialträchtiger Stellhebel für Outsourcing ist die Lagerlogistik. Hier können jährliche Einsparpotenziale von 20 Prozent und mehr realisiert werden. Auch wenn einige Unternehmen diesen Weg bereits mit Erfolg gegangen sind, stellt sich doch die Frage, warum dieser Stellhebel nicht häufiger genutzt wird. Ein Grund ist sicher die hohe Visibilität im Unternehmen. So wie es 80 Millionen Bundestrainer gibt, so fühlt sich im Unternehmen jeder als Logistikexperte. Hinzu kommt die Wahrnehmung der Logistikperformance: Läuft es gut, merkt es keiner. Läuft es schlecht, schimpft jeder auf die Logistik.
Wie aber ist die Logistik im größeren Mittelstand aufgestellt? In den meisten Fällen sind Lager- und Logistikstrukturen historisch gewachsen. Es wird nur so viel investiert, wie der laufende Betrieb erfordert. Der Innovationsgrad ist in der Regel gering und die Logistik häufig nicht gerade „state of the art“.
Wer nicht laufend investiert, verliert schnell den Anschluss
Unternehmen, die ihre Logistik als Kernkompetenz begreifen, investieren dagegen in diesen Bereich und können so mit dem Wettbewerb und externen Anbietern Schritthalten. Unternehmen, die ihre Logistik „gerade so“ am Leben halten, verlieren zwangsweise früher oder später den Anschluss. Die Performance – beispielsweise gemessen an der Liefertreue – sinkt auf ein bedenkliches Maß, die Kundenbeschwerden nehmen dagegen exponentiell zu. Die Folge sind häufig kurzfristige Kapazitätserweiterungen, die selten ausreichend leistungssteigernd wirken, aber immer kostentreibend. Irgendwann stellt sich die Frage nach dem „Wie soll es weitergehen?“. Ein wesentlicher Ansatzpunkt ist dann das Outsourcing der Lagerlogistik an einen Dienstleister.
Ein Dienstleister beherrscht die Prozesse, arbeitet häufig mit günstigeren Tarifverträgen, nutzt standortbezogene Faktorkostenvorteile, hat Synergien auf der Einkaufs- und Verwaltungsseite und arbeitet kontinuierlich an Innovationen und Prozessverbesserungen.
Auf diese Punkte sollten Sie bei der Vorbereitung achten
Aber wie geht man ein Outsourcing-Projekt für die Logistik am besten an? Zunächst ist es wichtig, einen Konsens darüber zu erzielen, dass die Logistik keine Kernkompetenz für das Unternehmen darstellt. Danach muss ein Business Case gerechnet werden, in dem die Kosten der eigenen Strukturen den Kosten für den Dienstleister gegenübergestellt werden. Im Kern handelt es sich hier um ein „Target Costing“ für den Dienstleister, in dem auf der Basis von Produktivitäts- und Kostenannahmen für Personal, Fläche und Sachkosten eine Vergleichsrechnung durchgeführt wird. Wichtig ist auch die Verlagerungslogik. Hier empfiehlt es sich, an weniger komplexen Umfängen zu lernen und – wenn möglich – sukzessive umzustellen.
Im nächsten Schritt sollte das Wissen der Logistikdienstleister für den Prozess der Konzeptdetaillierung genutzt werden. Hier gilt es, eine hohe Hürde zu überwinden – nämlich die Herstellung der Ausschreibungsfähigkeit. Es lässt sich nur ausschreiben und bewerten, was hinreichend spezifiziert und dokumentiert ist. Gerade hier gibt es oft Defizite hinsichtlich Transparenz, Dokumentation und nachvollziehbarer Leistungskenngrößen. Sind die Prozesse, Leistungen und Mengengerüste nicht hinreichend transparent, eröffnet dies dem Dienstleister immer Möglichkeiten zum Claiming bei der späteren Leistungserbringung.
Konzeptwettbewerb und Ausschreibung entscheiden über den späteren Erfolg
Wenn die Leistungen hinreichend spezifiziert sind, empfiehlt sich ein zweistufiger Vergabeprozess. In der ersten Stufe (Konzeptwettbewerb) geht es darum, möglichst viele konzeptionelle Ansatzpunkte für die zukünftige Logistikstruktur zu gewinnen und im Rahmen einer „Best Practice“-Betrachtung den Outsourcingansatz zu detaillieren. Dies betrifft unter anderem den Standort, die Soll-Kapazitäten, das Lagerlayout, die eingesetzten Betriebsmittel und das IT-Konzept. Die Kostenindikationen der einzelnen Dienstleister zeigen dann schon in einer sehr frühen Phase des Projektes, ob die Ziele des Business Case eingehalten werden können. Erfahrungsgemäß empfiehlt sich, den Konzeptwettbewerb mit einer ausreichenden Anzahl von Dienstleistern zu starten. Nach dieser Vorqualifizierung in Frage kommende Anbieter werden in die nachfolgende Ausschreibung einbezogen. Gerade in der Zusammenstellung der Unterlagen für Konzeptwettbewerb und Ausschreibung liegt ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Je detaillierter Informationen und Anforderungen spezifiziert werden, desto besser und aussagefähiger wird das Konzept sein. Es bietet sich an, jedem Dienstleister die Möglichkeit einzuräumen, seinen Konzeptansatz zu präsentieren.
In der zweiten Runde des Vergabeprozesses findet die eigentliche Ausschreibung statt. Auf Basis weiter detaillierter Informationen und Prozessdokumentationen werden die kaufmännischen und technischen Angebote erstellt. Wichtig ist die Erarbeitung standardisierter Preisdatenblätter, um von Anfang an eine Vergleichbarkeit der Angebote sicherzustellen. Nach Eingang und Auswertung der Angebote bietet sich ein Standortbesuch der Dienstleister an, um sich anhand von Referenzprojekten einen Eindruck von deren Leistungsfähigkeit zu machen. Nach den Preisverhandlungen werden mit etwa drei bis fünf Anbietern Vertragsverhandlungen geführt. Mit dem ausgewählten Dienstleister geht es anschließend an die Ausgestaltung der meist komplexen Vertragswerke, danach folgt die Umsetzung.
Für den Zeitraum von der Idee bis zur Umsetzung sind je nach Verfügbarkeit von geeigneten Objekten 18 bis 24 Monate anzusetzen. Wie in jedem Outsourcing-Projekt sollte der HR-Bereich von Anfang an eingebunden werden, um mit Arbeitnehmervertretern und Dienstleistern tragfähige Lösungen zu erarbeiten. Fairness im Umgang mit den Mitarbeitern und eine professionelle begleitende Kommunikation sind weitere wichtige Erfolgsfaktoren für eine reibungslose Umsetzung und Verlagerung.