Hoffnung kann ein starker Motivator sein. Es gibt aber auch Fälle, in denen sie alles nur schlimmer macht. Dann etwa, wenn ein Unternehmen in der Krise ist und sich das Management falsche Hoffnungen auf bessere Zeiten macht, anstatt beherzt das Ruder herumzureißen. Wer ein Unternehmen erfolgreich restrukturieren will, sollte sich lieber auf solide Analysen und belastbare Daten stützen, so das Credo von enomyc-Partner Jan U. Holsten.

Friedrich Nietzsche hat gesagt: "Hoffnung ist in Wahrheit das übelste der Übel, weil sie die Qual der Menschen verlängert". Das gilt nicht nur für Menschen als Individuen, sondern auch für Unternehmen in der Krise, deren Siechtum durch falsche Hoffnungen nur verlängert statt beendet wird. Und zwar aus verschiedenen Gründen.

So kann Hoffnung zu unrealistischen Erwartungen führen. Wenn Organisationen mit Herausforderungen konfrontiert sind, ist es nur natürlich zu hoffen, dass die Dinge besser werden. Wenn Hoffnung jedoch das wesentliche Leitmotiv beispielsweise für eine Restrukturierung ist, kann sie zu falschen Erwartungen führen, welches Ziel realistischerweise zu erreichen ist. Das wiederum kann zur Folge haben, dass schwierige Entscheidungen, die für einen echten Wandel erforderlich sind, nicht oder zu spät getroffen werden.

Hoffnung kann außerdem Wunschdenken fördern. Wenn wir hoffnungsvoll sind, neigen wir nämlich dazu, uns auf positive Ergebnisse zu konzentrieren und mögliche Risiken und Herausforderungen auszublenden. Bei Restrukturierungen ist es aber besonders wichtig, einen sehr realistischen und objektiven Blick auf die Stärken und Schwächen des Unternehmens sowie auf externe Faktoren zu werfen, die den künftigen Erfolg beeinflussen können.

Mein drittes Argument gegen Hoffnung: Sie trübt das Urteilsvermögen. Denn wenn wir sehr hoffnungsvoll sind, sind wir weniger offen dafür, alternative Optionen in Betracht zu ziehen oder abweichende Meinungen anzuhören. Das führt dazu, dass es an alternativen Szenarien oder Ideen mangelt und nicht alle Optionen für eine Restrukturierung in Betracht gezogen werden.

Hoffnung kann viertens auch die Glaubwürdigkeit untergraben – etwa, weil Führungskräfte bei einer Restrukturierung das Vertrauen ihrer Stakeholder verlieren. Diese erwarten gerade in einer Krise faktenbasierte Entscheidungen.

Zwischen Angst und Hybris: Warum Hoffnung so verführerisch ist

Warum aber sind gerade Restrukturierungskontexte immer wieder von unzureichenden Einsichten und überzogenen Hoffnungen des Managements geprägt? Häufig klammert sich die Führungsebene an positive Aussichten wie an einen Strohhalm und bleibt passiv, anstatt zu handeln. Unseren Beobachtungen zufolge hat dies in der Regel mehrere Ursachen:

  • Angst vor dem Scheitern: Manager haben Angst, eine falsche Entscheidung zu treffen, die zu negativen Folgen wie Rufschädigung, Arbeitsplatzverlust oder finanziellen Einbußen führen könnte.
  • Mangelndes Bewusstsein: Teilweise sind sich die Führungskräfte des Ernstes der Lage und der potenziellen Risiken und Folgen nicht voll bewusst, was dazu führt, dass sie den Ernst der Lage herunterspielen.
  • Selbstüberschätzung: Manager sind zu zuversichtlich, dass sie die Situation in den Griff bekommen, oder sie unterschätzen die Komplexität des Problems.
  • Kognitive Voreingenommenheit: Manager können von kognitiver Voreingenommenheit beeinflusst werden, etwa durch Optimismus. Dann sind sie zu positiv eingestellt und unterschätzen die Risiken.

In einer solchen Situation kann ein erfahrener Sanierungsberater helfen, Ängste, Vorurteile und kurzfristiges Denken zu überwinden, in dem er ganz bestimmte Lernprozesse fördert.

Warum organisationale Lernprozesse bei Restrukturierungen so wichtig sind

Menschen, also auch Unternehmenslenker, lernen oft nur aus Fehlern oder in Krisen, weil diese Situationen sie zwingen, sich mit den Folgen ihres Handelns oder Nichthandelns auseinanderzusetzen. Wenn alles gut läuft, gibt es meist wenig Motivation oder Dringlichkeit zu prüfen, wie sich Dinge verbessern lassen.

In Restrukturierungsprozessen ist – je nach Ausprägung des Krisenstadiums – zwar per se eine Lernvoraussetzung gegeben, allerdings beobachten wir, dass die Bereitschaft zum Umdenken (sprich: Lernen) und Handeln häufig erst mit drohender Insolvenzreife eintritt. Dann ist der Handlungsrahmen in der Regel jedoch schon sehr eingeschränkt – mitunter ist es dann auch schon zu spät. Dahinter steckt, dass frühe Krisenstadien in der Regel nicht als Krise und damit als Ausgangspunkt für Lernprozesse wahrgenommen werden. Oder die Lernprozesse erfolgen nur vordergründig (innerhalb des bestehenden Handlungsrahmen) und nicht als Double Loop-Prozess.

Mit Double Loop Learning-Prozessen die Krise meistern

Wer in einer Krise oder im Rahmen einer Restrukturierung Lernprozesse innerhalb einer Organisation beschleunigen und Double Loop Learning-Prozesse etablieren möchte. der muss verstehen, worauf es beim Double Loop Learning ankommt. Double-Loop-Learning-Prozesses zeichnen sich z. B. dadurch aus, als selbstverständlich angesehene Basisannahmen (Denkrahmen) reflektiert und in Frage gestellt werden. Wesentlich ist weiterhin, dass nicht nur Handlungsregeln überdacht werden, sondern auch die zugrunde liegenden Werte, Normen und Prinzipien. Es geht also auch darum, die tieferen Überzeugungen (gelernte Muster aus Nicht-Krisenzeiten) zu identifizieren und zu überprüfen, die unser Denken und Handeln leiten. Um solche Prozesse auch in Krisenzeiten anzuleiten, braucht es neben ausgezeichneten fachlichen Qualifikationen (etwa in den Bereichen Finanzen, Operations, Sales, Personal u. a.) vor allem auch ausgeprägte Führungs- und Change-Kompetenzen.

Beratern stehen sechs erprobte und bewährte Stellhebel zur Verfügung, die gemeinsam und aufeinander abgestimmt eingesetzt werden müssen, um Lernprozesse zu initiieren und ein Verständnis für die Notwendigkeit sofortigen Handelns zu erzeugen:

  1. Wahrheit und Klarheit: Wenn der Berater eine klare und ehrliche Einschätzung der aktuellen Situation abgibt und dabei die Schwere der Krise und die mit einer Verzögerung verbundenen Risiken hervorhebt, fällt das Umsteuern oft leichter.
  2. Folgen bei Untätigkeit: Der Berater sollte die Folgen des Nichthandelns klar umreißen, einschließlich des Potenzials einer Insolvenz oder anderer rechtlicher und finanzieller Risiken.
  3. Datengestützte Erkenntnisse: Datengestützte Einblicke und Analysen helfen dem Kunden, das Ausmaß der Krise und die möglichen Auswirkungen verschiedener Kostensenkungsmaßnahmen zu verstehen.
  4. Gefühl der Dringlichkeit fördern: Das Führungsteam muss für die Dringlichkeit der Situation sensibilisiert werden und verstehen, wie wichtig es ist, schnell und entschlossen zu handeln, um die Krise zu bewältigen.
  5. Kritische Reflexion anregen: Der Berater kann eine kritische Reflexion über die zugrundeliegenden Annahmen und Werte fördern, die zur Krise geführt haben. Dabei können Fragen gestellt werden wie: "Was hat uns zu diesem Punkt geführt?" und: "Welche Annahmen, die wir getroffen haben, waren falsch?“
  6. Mentale Modelle in Frage stellen: Berater sollten die Organisation dazu ermutigen, ihre gedanklichen Modelle und Annahmen zu hinterfragen. Dazu kann es hilfreich sein, die zugrundeliegenden Überzeugungen und Werte zu analysieren und sie auf der Grundlage neuer Erkenntnisse und Rückmeldungen infrage zu stellen.

In der Krise kommt es auf Schnelligkeit und Klarheit an


Erfahrene Sanierungsberater wissen, dass es ein ganzes Bündel von Maßnahmen und Fähigkeiten braucht, um ein angeschlagenes Unternehmen wieder auf die Erfolgsspur zu bringen. In fortgeschrittenen Krisenstadien geht es zunächst vor allem darum, schnell harte Entscheidungen zu treffen – auf der Grundlage datengestützter Analysen. Eine klare und ehrliche Kommunikation, umsetzbare Pläne und kontinuierliche Unterstützung sind weitere Erfolgsfaktoren. Durch einen kooperativen und ergebnisorientierten Ansatz kann ein guter Berater seinem Kunden helfen, selbst die schwierigsten Krisen zu meistern und langfristig gestärkt daraus hervorzugehen. Und zwar ganz ohne falsche Hoffnungen.

Haben Sie Fragen dazu, warum organisationale Lernprozesse bei Restrukturierungen so wichtig sind und wie Sie mit Double Loop Learning-Prozessen Herausforderungen meistern können? Beantworten wir gerne! Vereinbaren Sie jetzt einen unverbindlichen Gesprächstermin mit unserem Experten Jan Ulrik Holsten.

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