Seien wir ehrlich: Neue Technologien und bahnbrechende Innovationen sind Themen, die die meisten von uns eher im Silicon Valley als im deutschen Mittelstand vermuten. Dass das nicht die ganze Wahrheit ist, zeigt die lange Reihe deutscher Mittelständler, deren Produkte und Lösungen in der ganzen Welt gefragt sind. Ihr Erfolgsgeheimnis: eine überdurchschnittliche Innovationskraft. Der Top 100-Wettbewerb zeichnet genau solche Unternehmen aus. In diesem Jahr zählt auch enomyc zu den Preisträgern. Wie wird Innovation dort „organisiert“ und was haben Kunden davon, wenn ihre Beratung innovativ ist? Darüber sprachen wir mit Julia Hammer, COO und Geschäftsführerin, und mit Franz Wenzel, Director bei enomyc.

 

Julia, ihr seid vor wenigen Tagen als Top 100 ausgezeichnet worden, also als einer der einhundert innovativsten Mittelständler Deutschlands – übrigens als einzige Restrukturierungsberatung. Herzlichen Glückwunsch dazu. Wofür genau habt ihr den Preis bekommen?

Julia Hammer: Dafür, dass es uns sehr erfolgreich gelungen ist, unsere Strukturen und Prozesse, vor allem aber auch unsere Unternehmenskultur konsequent auf Innovation auszurichten. Das heißt beispielsweise, dass wir unsere Beschäftigten durch verschiedene Mechanismen dazu ermutigen, ihre Ideen einzubringen und auf allen Gebieten nach besseren Lösungen zu suchen. Wir geben ihnen die Möglichkeiten und den Freiraum, mit neuen Technologien zu experimentieren. Und wir lassen sie spüren, dass sie damit einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung unseres Unternehmens und unserer Mandanten leisten.

Was sind das für Strukturen und Prozesse, die Innovationen bei enomyc fördern?

Julia Hammer: Es ist eine Kombination aus spezialisierten Rollen, dedizierten Strukturen und einer unterstützenden Unternehmenskultur. An erster Stelle sind unsere Innovationskoordinatoren zu nennen. Sie fungieren als Bindeglied zwischen verschiedenen Abteilungen und Teams und haben die Aufgabe, innovative Ideen zu sammeln, zu bewerten und die Umsetzung zu steuern. Außerdem haben wir eine Innovationsabteilung, die sich darauf konzentriert, neue Trends und Technologien zu identifizieren und Innovationsprojekte anzustoßen. Diese Abteilung arbeitet eng mit externen Partnern und Forschungseinrichtungen zusammen. Durch regelmäßige Abstimmungsrunden mit der Unternehmensleitung stellen wir sicher, dass am Ende auch genug Geld und Kapazität für die Projekte zur Verfügung stehen.

Entscheidend ist in meinen Augen aber etwas Anderes: die Unternehmenskultur. Wenn man die Beschäftigten nicht mitnimmt, helfen die besten Strukturen und Prozesse nicht weiter. Deswegen haben wir uns viele Gedanken darüber gemacht, wie wir eine Kultur der Offenheit und eine Atmosphäre schaffen, in der Fortschritt, Experimentieren und stetige Weiterbildung Teil des Alltags sind.

Zu welchem Ergebnis seid ihr dabei gekommen? Wie schafft man so eine Unternehmenskultur?

Julia Hammer: Unter anderem dadurch, dass das Top-Management Innovationsoffenheit vorlebt und sich selbst engagiert. Wir erwarten von unseren Führungskräften, dass sie ein Umfeld zu schaffen, in dem kreatives Denken, Risikobereitschaft und das Streben nach technologischem Fortschritt gefördert werden. Deswegen sind sie auch selbst an Innovationsprojekten und Task-Gruppen beteiligt. Außerdem spielt Intrapreneurship eine wichtige Rolle, also die Förderung von Kreativität, Lernwillen und Dynamik bei den Mitarbeitenden. Damit haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht.

Könnt ihr dafür ein Beispiel geben?

Franz Wenzel:  Das mache ich gerne. Ich bin von Hause aus Wirtschaftsjurist und interessiere mich schon mein ganzes Leben lang sehr für Technologie. Privat beschäftige ich mich seit Jahren intensiv mit neuen Technologien aller Art und probiere sie in den verschiedensten Situationen aus. So habe ich mich schon vor der Pandemie mit dem Thema virtuelle Realität (VR) auseinandergesetzt und mich schnell damit angefreundet...

Julia Hammer:  Wir ermutigten Franz und später auch unsere Kollegen, sich intern mit diesen Themen zu beschäftigen, denn es war uns wichtig, das Thema nicht nur zu behandeln, sondern ein Umfeld zu schaffen, das die Auseinandersetzung mit neuen Ideen unterstützt. Ganz konkret haben wir in VR-Brillen investiert und Kollegen eingeladen, unsere virtuellen Büros und Meetingräume zu besuchen.

Franz Wenzel: Das Ganze hat schließlich dazu geführt, dass wir einige konkrete Anwendungsmöglichkeiten von VR für unser Unternehmen entwickelt haben – und dabei spreche ich jetzt nicht von den üblichen Schulungen oder erlebnisorientierten Use cases. Echte, konzentrierte, kollaborative Produktivität zur Erledigung von alltäglichen Tätigkeiten ohne die Ablenkungen der Außenwelt. Außerdem ist VR das fehlende Bindeglied zwischen Videoanrufen und persönlichen Treffen. Sie ist für die Fälle geeignet, in denen eine persönliche Besprechung notwendig, aber entweder unmöglich oder nicht praktikabel ist.

Julia Hammer: Franz´ Erfahrungen sind ein gutes Beispiel dafür, wie Intrapreneurship Mitarbeitende dazu motivieren kann, über den Tellerrand hinauszuschauen und neue Technologien zu erproben. Sein Erfolg war Anderen ein großer Ansporn, eigene Ideen zu verfolgen und entsprechende Projekte aufzusetzen.

Franz Wenzel: Dabei ist es nicht geblieben. Wir hatten bereits einige Anfragen, dass ich meine Erkenntnisse bei anderen Unternehmen unterschiedlichster Branchen vorstelle.

Julia Hammer: An der Stelle möchte ich den Bogen zu unseren Kunden spannen. Genauso wie KI, Web3 oder Blockchain wird auch das Thema VR im Mittelstand früher oder später auf den Tisch kommen. Dann lautet die Frage: Wieviel VR brauchen wir und wenn ja, wofür? Wir haben dann den Vorteil, dass wir uns schon auskennen, weil wir mit der Grubenlampe auf der Stirn vorangegangen sind und erkundet haben, wie und wozu sich eine neue Technologie nutzen lässt. So wie bei Virtual Reality. Die haben wir erst spielerisch in unsere Abläufe integriert und inzwischen ist sie Teil unseres Alltags, weil wir festgestellt haben, dass wir interne Abläufe und auch die Beratung unserer Kunden damit verbessern können. Von diesen Erfahrungen profitieren unsere Kunden unmittelbar.

Franz Wenzel: Auch der ESG-Checkup, mit dem Unternehmen prüfen können, ob sie den aktuellen Nachhaltigkeitsanforderungen des Gesetzgebers gerecht werden, sind im Rahmen eines Innovationsprojekts entstanden.  Wir nehmen auch an wöchentlichen Technologie-Treffen zu den Themen rund um KI und Blockchain aktiv teil; enomyc ist seit kurzem Mitglied des Hanseatic Blockchain Institute e.V. Es gibt also schon eine ganze Reihe von Innovationen, die wir in der Beratungspraxis anwenden.

Julia Hammer: Das war auch im Rahmen der Bewerbung für die Top100-Auszeichnung ein wichtiger Punkt: Dass wir zeigen konnten, dass die Auseinandersetzung mit Innovation und neuen Technologien bei enomyc kein Selbstzweck ist, sondern konkrete Ergebnisse erzielt.

Was ihr geschildert habt, klingt nach viel Gestaltungsspielraum für die Mitarbeitenden – mit dem Ziel, Innovationen zu fördern. Wie kommt das an?

Julia Hammer: Bei den Toptalenten, die wir haben wollen, kommt es sehr gut an. Die suchen genau das: Ein Umfeld, das Freiraum bietet für bessere Ideen und smartere Lösungen. Unser Innovationsmanagement ist deswegen auch eine wichtige Maßnahme, um unsere Attraktivität als Arbeitgeber weiter auszubauen. Am Ende profitieren alle davon: die Mitarbeitenden, wir als Unternehmen, aber auch unsere mittelständischen Kunden, die oft weniger innovationsgetrieben sind. Sie wissen: Wenn enomyc eine neue Technologie empfiehlt, dann hat das Hand und Fuß, weil wir sie selbst getestet haben und aktiv im Alltag anwenden. Dann wird aus unserem Wissensvorsprung ein Vertrauensvorschuss.

Liebe Julia, lieber Franz, herzlichen Dank für das Gespräch.

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