Nach Angaben der Bundesregierung (11/2019) befindet sich die deutsche Wirtschaft in einer Schwächephase. Zwar ist gegenwärtig kein stärkerer Abschwung oder gar eine ausgeprägte Rezession zu erwarten – allerding zeichnet sich den Indikatoren nach auch noch keine konjunkturelle Trendwende zum Besseren ab.

Die aktuell beobachtbaren Wiederauflagen alter Kostensenkungsprogramme können höchstens Teil der Lösung sein. Eine derartige Fokussierung wäre ‚zu kurz gesprungen‘. So werden beispielsweise Digitalisierungsstellhebel zur Kostensenkung nicht adressiert und Potenziale des Service-Geschäfts nicht berücksichtigt.

Die rückläufigen Wachstumsraten geben aktuell vielen Herstellern zu denken. In den Management­-Etagen wird verstärkt über alternative Möglichkeiten zur Ertragssteigerung diskutiert. Besonders erfolgsversprechend erscheint der Ausbau des Service-Geschäfts, denn im Gegensatz zur Entwicklung des Produktgeschäfts erfordert es deutlich weniger Investitionen. Zusätzlich ist es auch weniger konjunkturabhängig und ermöglicht gerade in Krisenzeiten die Erwirtschaftung von erkennbar höheren Margen.

Wie können Unternehmen jetzt durch den Ausbau ihres Service-Geschäfts ihre Profitabilität steigern und welche Grundlagen und Erfolgsmuster gibt es für die Weiterentwicklung des Wachstumstreibers „Service“?

Dieser Thematik widmet sich Herr Jan Ulrik Holsten, Partner bei enomyc, in seinem aktuellen Beitrag. Erfahren Sie in Teil 1 der Reihe „Wachstumstreiber Service“, wie Sie Erfolgsmuster zum Aufbau Ihres Service-Geschäfts identifizieren und wie Sie Ihre Service-Strategie und Ihr Service-Portfolio weiter ausbauen.

JENSEITS DES TAGESGESCHÄFTS: SO ZAHLEN STRATEGIE- UND PORTFOLIOENTWICKLUNG AUF ZUKÜNFTIGES WACHSTUM EIN

1.  Die Relevanz des Service-Geschäfts erkennen und managen

Erfolgreiche Unternehmen haben die Bedeutung des Service-Geschäfts erkannt und messen ihm mindestens die gleiche Bedeutung zu wie dem Produktgeschäft. Die viel zitierte Transformation „Vom Produkt- zum Lösungsanbieter“ ist typischerweise ein erster Entwicklungsschritt in diese Richtung.

Für einige Unternehmen ist das einstige Kerngeschäft mit Produkten in seiner Bedeutung mittlerweile sogar hinter die des Service-Geschäfts zurückgefallen und fungiert mehr oder weniger nur noch als Motor für das Service-Geschäft. Bekannte Beispiele hierfür sind Unternehmen wie Nespresso, HP und IBM.

Doch was bedeutet es konkret, dem Service-Geschäft eine angemessene oder die gleiche Bedeutung wie dem Produktgeschäft beizumessen und welche Implikationen ergeben sich aus dieser Forderung für die Unternehmensleitung?

Die Antwort ist vordergründig simpel: Das Management ist gefordert, Entscheidungsroutinen vor dem Hintergrund von Ertragskraft, Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit neu zu bewerten und sich gegebenenfalls neu zu erfinden.

Bei Investitionsentscheidungen zeigt sich diese Logik besonders deutlich: So kann die besondere Berücksichtigung des Service-Geschäfts unter anderem dazu führen, dass die Allokation von Investitionsmitteln für Neuprodukte anders aufgeteilt wird, wenn die „Return on Investment-Rechnung“ nicht nur den Wertbeitrag des Neuproduktes selbst, sondern auch den der produktbegleitenden Service-Umsätze berücksichtigt.

Soll das Service-Geschäft außerhalb des klassischen Instandhaltungsgeschäfts weiter ausgebaut werden – beispielsweise durch den Ausbau von Infrastrukturen oder Akquisitionen – kann es sogar dazu führen, dass Service und Neuprodukt um knappe Investitionsmittel konkurrieren und dem Service-Geschäft der Vorzug eingeräumt wird.

2.  Die Entwicklung einer Service-Strategie mit Bodenhaftung

Je mehr Aufmerksamkeit das Service-Geschäft vom Management eines Unternehmens bekommt, je stärker ihm die gleiche Relevanz wie dem Produktgeschäft beigemessen wird, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Unternehmen über eine eigenständige Service-Strategie verfügt. Praktisch bedeutet das: Die Service-Strategie ist bereits inhaltlich in der Unternehmensstrategie angelegt. Sie bildet die Grundlage, um das Service-Geschäft in diesem Prozess erfolgreich zu positionieren.

Zur Entwicklung der Service-Strategie gehört ein gesunder Pragmatismus und eine gewisse „Hemdsärmeligkeit“ – sie weist erfahrungsgemäß durchaus Vorteile gegenüber einer abgehobenen Analytik auf: „Strategie mit Bodenhaftung“ lautet das Motto, unter dessen Überschrift nicht nur das Zielbild zu beschreiben ist, sondern vor allem auch der Weg dorthin.

Sachlich-inhaltlich unterscheidet sich eine gute Service-Strategie nicht von jeder anderen Segmentstrategie – geht es doch ausschließlich um die Frage, durch welche Services in welchen Märkten und bei welchen Kunden Wettbewerbsvorteile aufgebaut und Marktchancen erschlossen werden können und sollen. In den Fokus rückt also folgende Frage:

3.  Wie muss das Service-Portfolio weiterentwickelt werden?

Das zukünftige Wachstum im Service erfolgt weniger über neue Kunden als vielmehr durch neue Services. Erfolgreiche Service-Unternehmen wissen das und setzen sich regelmäßig und systematisch mit der Weiterent­wicklung ihres Service-Portfolios auseinander.

Mit der Weiterentwicklung des Service-Portfolios gehen besondere Herausforderungen einher. So spielt die Digitalisierung eine wichtige Rolle. Viele Möglichkeiten ergeben sich erst durch die Nutzung von Sensorik und Aktorik in Verbindung mit geeigneten Datenübertragungsbandbreiten und intelligenten Auswertungsmodellen. Fast schon „alte Hüte“ – wenngleich sich viele Unternehmen noch mit der Implementierung schwertun – sind digitalbasierte Services, beispielsweise:

  • Condition Monitoring
  • Remote Management
  • Verfügbarkeitsgarantien
  • Operation Process-Outtasking (Performance-/ Output-Garantien) oder
  • Business Process Outsourcing.

Unternehmen, denen es gelingt, ihr Service-Portfolio innovativ und digital weiterzuentwickeln und so Mehrwert für ihre Kunden zu generieren, werden zukünftig zu den Gewinnern am Markt zählen. 

Welche Weiterentwicklungen sind außerdem wichtig? Wie müssen Produktentwicklung und -Management ausgerichtet werden und welche Anforderungen ergeben sich für den Service-Vertrieb? Auch darüber berichten wir in Kürze.

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