Globale Präsenz, lokale Expertise: enomyc begleitet Unternehmen auf allen ihren Märkten
10:53

Mit der Eröffnung des US-Standorts in Anderson, South Carolina, setzt enomyc einen wichtigen strategischen Schritt in der internationalen Beratung. Im Gespräch erläutern Gründer Martin Hammer und Managing Director Franz A. Wenzel, warum lokale amerikanische Beratungskompetenz ein zentraler Erfolgsfaktor für den US-Markt ist, welche Unterschiede zwischen europäischer und amerikanischer Unternehmens- und Arbeitskultur den Ausschlag geben – und wie enomyc mittelständische Unternehmen künftig noch gezielter in ihren globalen Kernmärkten begleitet.

Herr Hammer, es ist jetzt 22 Jahre her, dass Sie zusammen mit Uwe Köstens die spätere enomyc gegründet haben. Hätten Sie sich damals träumen lassen, dass Ihr Unternehmen eines Tages in die USA expandiert?

Martin Hammer: Die USA ist von klein auf ein Herzenswunsch von mir gewesen. Ich habe das Land nach dem Abitur sechs Monate als Rucksacktourist bereist – das war damals noch ein großes Abenteuer – und bin auch später regelmäßig dort gewesen, weil ich für Unternehmen unter anderem in Chicago und Huston gearbeitet habe. Insofern kenne und schätze ich die amerikanische Arbeitsweise und Mentalität. Amerika ist immer mein Lebensziel gewesen.

Welche Voraussetzungen waren erfüllt, dass Sie sich diesen Herzenswunsch jetzt erfüllen konnten?

Martin Hammer: Beratung ist ein people business. Wir haben das große Glück, mit Franz einen langjährigen, auch im deutschen und europäischen Markt erfahrenen US-Kollegen an Bord zu haben, der als native speaker das entsprechende Lokalkolorit und ein belastbares Netzwerk mitbringt.

Heißt dass, Amerikaner wollen sich nur von Amerikanern beraten lassen?

Martin Hammer: Der größte Fehler deutscher Unternehmer ist aus meiner Sicht, dass man – ähnlich wie in der Politik – einen deutschen Standard- und Wertekanon in andere Länder exportieren will. Aber das funktioniert nicht. Andere Länder, andere Sitten. Der Vertrieb funktioniert anders und das gesamte Geschäftsgebaren ist ein anderes. Deswegen glaube ich nicht, dass man mit einer deutschen Beratungskultur in den USA erfolgreich sein kann.

Herr Wenzel, Sie sind auf beiden Seiten des Atlantiks aufgewachsen und haben für enomyc viele Projekte in Deutschland und Europa durchgeführt. Sehen Sie das auch so?

Franz A. Wenzel: Ja, auf jeden Fall. Die Sprache, ob native speaker oder nicht, ist nur ein Punkt. Die Unterschiede ziehen sich durch alle Bereiche: die Denkweise, die Einstellung zur Arbeit, zum Urlaubsanspruch oder zur Trennung von Beruf und Privatleben. Für mich verschmilzt beides miteinander und das habe ich bei enomyc auch immer so verkörpert. Das ist, würde ich behaupten, mein USP in den Projekten, dass ich mich mit dieser anderen Denkweise und Herangehensweise einbringen konnte und dass die anderen dies stets als Mehrwert empfunden haben.

Mit dem neuen Standort in Anderson in South Carolina haben Sie sich einen aus verschiedenen Gründen ganz besonderen Platz ausgesucht…

Martin Hammer: Unsere Idee und unser Anspruch ist es, unsere Kunden dorthin zu begleiten, wo strategische Entscheidungen getroffen und umgesetzt werden. Dafür bietet Anderson die perfekten Rahmenbedingungen.

Franz A. Wenzel: Man muss wissen: Die Upstate-Region in South Carolina, zwischen Atlanta und Charlotte gelegen, gehört zu den international am stärksten vernetzten Industrieclustern der USA. In der Region sind fast 600 internationale Unternehmen aus mehr als 37 Ländern aktiv, darunter rund 140 deutsche Unternehmen. Das BMW-Werk in Spartanburg ist eines davon – es ist übrigens das größte BMW-Werk weltweit. Die Unternehmen dort profitieren von einer etablierten und sehr effizienten Logistik, unter anderem über den Port of Savannah, einem der größten Containerhäfen in den USA, und das Luftverkehrsdrehkreuz Atlanta, dem größten Flughafen der Welt mit mehr als 108 Millionen Passagieren jährlich. Außerdem haben die Firmen dort kaum Probleme, qualifizierte Fachkräfte zu finden.

Herr Wenzel, was genau ist Ihre Rolle dort?

Franz A. Wenzel: Als Managing Director bin ich das Gesicht und der Taktgeber von enomyc North America. Ich verantworte das Business Development, PR, den Vertrieb, das Pipeline Management, das PMO und bin auch selbst in Projekten tätig, sei es als Interim Manager oder in meinen Schwerpunktthemen wie Digital und Technologie.

Martin Hammer: Wir sind mit zwei Vierer-Teams, die von Franz geleitet werden, sofort lieferfähig. In diesen Teams bringen wir die entscheidenden Kompetenzen zusammen – lokal verankert, rechtlich sattelfest und operativ stark. Das ist skalierbar und genau das erwarten unsere Kunden.

Wie wollen Sie Ihre Projekte vor Ort personell besetzen?

Franz A. Wenzel: Aus den genannten Gründen nicht mit Beratern aus Deutschland, sondern mit lokalen Consultingexperten mit ausgewiesener Turnaround-Erfahrung, zum Beispiel in den Bereichen Chapter-11-Verfahren oder Gläubiger- und Gewerkschaftsverhandlungen. Unser Motto heißt: lokale Expertise statt importiertem Know-how. Wir kombinieren europäische Methoden mit US-Umsetzung und nutzen Netzwerke wie das American Bankruptcy Institute (ABI), die German American Chamber of Commerce South (GACC South) sowie die Upstate SC Alliance für Talente und Geschäftskontakte.

Wie werden Sie vorgehen, um den US-Markt zu erschließen?

Martin Hammer: Franz ist unsere Speerspitze für den amerikanischen Markt. Nach 14 Jahren bei enomyc weiß er genau, wie unsere Methodik und unsere Firma funktionieren. Deswegen ist es auch folgerichtig, dass wir mit der Expansion jetzt diesen strategischen Schritt gehen, um unsere Kunden künftig noch enger in ihren internationalen Kernmärkten zu begleiten. Dazu muss man wissen, dass wir im Moment ungefähr 80 laufende Projekte haben, davon beinhalten 50 auch Aktivitäten in den USA. Fast zwei Drittel unserer Kunden haben einen US-Standort. Wenn wir den Kunden ganzheitlich in Europa betreuen, dann müssen wir unter Umständen auch ein US-Problem lösen – und zwar vor Ort.

Wie funktioniert das genau?

Martin Hammer: In der Region North und South Carolina, Alabama und Georgia gibt es rund 1.100 deutsche und 300 österreichische Unternehmen.  Diesen großen Kunden, die global aufgestellt sind, folgen wir. Wir sind, wie gesagt, mit zwei Teams sofort lieferfähig. Gleichzeitig wird Franz auch amerikanische Kunden ansprechen, die vielleicht ein Problem in Europa haben, das wir für sie lösen können, sei es durch Zölle oder andere Themen. Diese beiden Stränge – ich nenne sie das Inbound- und das Outbound-Geschäft: Das ist unser strategischer Ansatz.

Franz A. Wenzel: Mein Ziel ist es, Brücken zu bauen – zwischen europäischen Unternehmen mit Expansionsplänen und dem amerikanischen Markt mit seiner besonderen Dynamik und Pragmatik. Wir überzeugen mit strategischer Erfahrung, Umsetzungskompetenz und Klarheit. Wir vereinen europäische Methodenkompetenz mit amerikanischem Pragmatismus. Wir sind, wie man so schön sagt, best of both worlds.

Martin Hammer: Gutes Stichwort… In Sachen Digitalisierung der Firmen ist Amerika deutlich besser aufgestellt als Deutschland. Speziell bei neuen Technologien, die es in den USA schon gibt, wollen wir uns durch unsere Präsenz vor Ort natürlich auch weiterentwickeln, nicht nur im Hinblick auf bestimmte Prozesse, sondern für Unternehmen insgesamt. Ich glaube, dass wir da noch eine ganze Menge lernen können.

Welche Schwerpunkte werden Sie in den USA haben – sowohl im Hinblick auf die Branchen als auch die Themen, mit denen Sie sich beschäftigen?

Franz A. Wenzel: Wir sind im Wesentlichen in der klassischen produzierenden Industrie unterwegs, also im Maschinenbau, im Bereich Automotive, in Pharma, Chemie und der Lebensmittelindustrie. Auch inhaltlich ist die Bandbreite groß, der Schwerpunkt sind Produktions- und Logistikthemen. Aber wir kommen nicht nur, um Probleme zu lösen. Wir unterstützen unsere Kunden auch bei der Umsetzung ihrer Wachstumsstrategien, dem Aufbau von Fabriken, der Verlagerung von Produktionskapazitäten und vielen anderen Themen. Ob Abbau eines Werkes hier oder Aufbau eines Werkes in den USA: Wir können beides aus einer Hand liefern.

Was ist das Ziel, das Sie mit der Expansion in die USA verfolgen?

Martin Hammer: Wenn man sich den Beratungsmarkt anschaut, dann gibt es die ganz großen Player, die globalen Milliarden-Beratungsunternehmen wie McKinsey, BCG, FTI Consulting, Alvarez und viele andere mehr. Es gibt aber keinen, der sich unterhalb dieser Milliardenkonzerne um den Mittelstand so kümmert, wie wir das in Deutschland tun. Entweder, weil es nur kleinere, regional tätige Unternehmen sind, die von Deutschland aus agieren und bestenfalls noch in London ein Büro haben, aber nicht in den USA und schon gar nicht in Asien sind – oder die großen Konzernberater. Genau in diese Marktlücke, in dieses mittlere Segment, wollen wir vorstoßen, denn natürlich gibt es auch in den USA tausende inhabergeführte mittelständische Unternehmen, bei denen wir uns gute Chancen ausrechnen.

Das heißt, Ihr Mittelstandsfootprint, Ihr starker track record in diesem Bereich, das ist der USP, mit dem Sie überzeugen wollen?

Martin Hammer: Genau. Darüber hinaus denke ich, dass wir preislich sehr wettbewerbsfähig sein können, denn das Preisniveau für globale Beratung ist in den USA in den letzten Jahren geradezu explodiert. Wir werden nicht über den Preis verkaufen, aber ich denke, wenn man das Gesamtpaket sieht, das wir anbieten, dann ist das gerade auch für deutsche Unternehmen und Unternehmensgruppen attraktiv. Ich gebe Ihnen dazu ein Beispiel: Wir haben einen Kunden, das ist ein deutsches Unternehmen mit einer Tochtergesellschaft mit sieben Milliarden Umsatz und sieben Produktionsstandorten, unter anderem in Polen, in Tschechien, China und den USA. Da haben wir den Auftrag für die gesamte Restrukturierung. Diesem Kunden kann ich jetzt sagen: Wir können euch alles aus einer Hand liefern, in allen euren Märkten, in Europa sowieso, aber auch in den USA. Dieser Ansatz kommt bei großen deutschen Kunden super an, denn für ihre deutschen Standorte haben sie sich schon für uns entschieden, sie kennen unsere solide Arbeit und jetzt müssen sie für ihre ausländischen Standorte keine neuen Berater suchen.

Die USA sind, wie ich heraushöre, nicht das Ende der Expansionspläne. Ist das richtig?

Martin Hammer: Ich mache diese Arbeit seit 30 Jahren. Mein erklärtes Ziel ist es, dass wir bis Ende des Jahrzehnts alle wesentlichen Wirtschafts-Hubs so abdecken, dass wir dort hoffentlich als einziger Mittelstandsberater lieferfähig sind. 

Lieber Herr Hammer, lieber Herr Wenzel: Herzlichen Dank für das Gespräch.

Jetzt Branchen-Insights erhalten!