Lange erfolgreiche Unternehmen beweisen in Krisen immer wieder Resilienz. Christoph Scholl und Stefan Renken sagen, Tradition sei nicht immer gleichzusetzen mit Unbeweglichkeit.

 

Seit Ausbruch der COVID-19-Pandemie sind Unternehmen mit Herausforderungen konfrontiert, die in ihrer Komplexität so nicht vorhersehbar waren. Ob neue Ansprüche im Recruiting oder der jüngst entstandene Inflationsdruck: Das sogenannte VUCA-Zeitalter, wie es das US Army War College nennt, wird Unternehmen auch zukünftig mit volatility, uncertainty, complexity and ambiguity konfrontieren und ihre Widerstandsfähigkeit testen. Doch hat sich auch in dieser Krise gezeigt, dass es Unternehmen gibt, die gegenüber Krisen und Wandel resilienter als andere sind und damit einen Wettbewerbsvorteil haben.

Als Studenten an der Hochschule Harz haben wir dazu Anfang 2021 in Kooperation mit enomyc eine qualitative Studie mit Topvertretern deutscher Traditionsunternehmen durchgeführt. In der Krise standen für diese klassische Aufgaben wie die Kostenanpassung im Vordergrund. Auf der anderen Seite ging damit jedoch kein Aussetzen von Investitionen in innovative Produktanpassungen einher. Die Unternehmen reagierten auf Anforderungen viel komplexer: Effizienz und Effektivität wurden von diesen Traditionsunternehmen hinterfragt und an neue Gegebenheiten angepasst – ein wichtiger Faktor ihrer Resilienz.

Der Begriff kommt vom lateinischen „resilire“ (zurückspringen, abprallen) und konnte sich in den letzten Jahren in der Organisationsforschung etablieren. Die Management-Professoren Martin Christopher und Helen Peck definieren den Begriff als „ability of a system to return to its original state or move to a new, more durable state after being disturbed.” Folglich sollte Resilienz nicht auf einen Zielzustand beschränkt werden, sondern als Gesamtheit an Kompetenzen einer Organisation verstanden werden. Demnach besteht Resilienz auf der Makroebene aus allen innerbetrieblichen Funktionen, die auf der Mikroebene stattfinden.

Das Durchschnittsalter eines Unternehmens wird je nach Studie auf ungefähr zehn Jahre geschätzt. Aber es existieren Traditionsunternehmen, die ihre Resilienz im Verlauf der Geschichte über verschiedenste Krisen hinweg bewiesen und den zehnten Geburtstag lange hinter sich haben. Es gibt allerdings keinen klaren Rahmen dafür, was ein Traditionsunternehmen konkret ausmacht. So bleibt auch hier lediglich der Zugang über das Wörterbuch, das Tradition im Bereich von etwas über Generationen hinweg Weitergegebenen – Verhaltensweisen, Ideen, Kultur – verortet.

Diese Definition fängt die gebräuchliche Verwendung gut ein, kann aber nicht die Frage eingrenzen, wie wichtig Tradition für die organisationale Resilienz ist. Ausgangspunkt war die Annahme, dass die Gründe organisationaler Resilienz besonders im Geschäftsmodell, der Basis aller organisationalen Strukturen und Operationen, zu finden sein müssten. Befragt wurden elf C-Level-Führungskräfte aus Unternehmen mit mindestens 100 Jahre Geschichte. Die ausführlichen Ergebnisse der Forschung der Hochschule Harz in Kooperation mit enomyc befinden sich zur wissenschaftlichen Veröffentlichung in einem Peer-Review-Verfahren.

Ein kurzer Blick vorab auf die Ergebnisse zeigt allerdings deutlich, dass Tradition im Sinne langfristig erfolgreicher Unternehmen nicht als Blockade verstanden wird, mittels der alte – und irgendwann vielleicht überalterte – Strukturen fortleben können. In diesem Kontext ist Tradition eine Art „stabilisierender Umweltfaktor“, der die Überlebenschancen und Anpassungen des Unternehmens in Zuge verschiedenste Krisenzustände begünstigt.

Tradition kann innerhalb eines Unternehmens durch viele Aspekte ausgedrückt werden. Wie das Hinterfragen von Effizienz und Effektivität in der Krise zeigt, sehen erfolgreich langlebige Unternehmen dieses bewahrte Etwas jedoch nicht in festgesetzten Denkmustern. Bei „Tradition“ geht es Traditionsunternehmen um Vertrauen in die eigene Handlungsfähigkeit, um die Flamme der Tradition an sich. Wie der Historiker und Politiker Jean Jaurès sagte: „Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers.“

Möchten Sie genau wissen, was Traditionsunternehmen krisenfest macht? Sprechen Sie uns gerne an. Wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen und informieren Sie, sobald unsere ausführlichen Ergebnisse veröffentlicht sind.

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