Mit seinem vor wenigen Tagen angekündigten „Zoll-Hammer“ hat US-Präsident Donald Trump die schlimmsten Befürchtungen in Bezug auf seine Handelspolitik selbst übertroffen. Auch wenn er inzwischen teilweise zurückgerudert ist, befürchten Experten eine weltweite Rezession, sollten die Maßnahmen wie angekündigt umgesetzt werden. Klar ist: Auch deutsche Mittelständler, die ihre Produkte in alle Welt verkaufen, werden unter den hohen Zöllen leiden. Eine gute Gelegenheit, die eigene Wettbewerbsfähigkeit weiter auszubauen, meint enomyc-Autor Jan Ulrik Holsten. In Teil 2 seines „Trump 2.0“-Beitrags erklärt er, was Unternehmen tun können, um sich jetzt optimal zu rüsten.
Gefragt sind in der aktuellen Situation Strategien, die nicht nur auf dem Papier überzeugen, sondern vor allem in der Praxis Bestand haben. Dabei muss der Fokus auf schnell umsetzbaren und pragmatischen Schritten liegen, die kurz- oder mittelfristig zu messbaren Verbesserungen bei Liquidität, Ertragskraft und Resilienz führen.
Die folgenden sieben Maßnahmen sind besonders effektiv, um die Wettbewerbsfähigkeit und finanzielle Stabilität des deutschen Mittelstands zu sichern und weiter auszubauen.
Kurzfristig umsetzbare Maßnahmen
- Einführung eines Frühwarnsystems für Liefer- und Finanzrisiken
Ein zentrales Element für die Krisenresistenz mittelständischer Unternehmen ist die Fähigkeit, Risiken frühzeitig zu erkennen und entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten. Mit einem geeigneten Frühwarnsystem lassen sich etwaige Engpässe in Lieferketten oder Kreditlinien sofort identifizieren, indem kritische Parameter wie Lieferzeiten, Zahlungsausfälle oder Kapitalbindungsquoten kontinuierlich überwacht werden. Ein wirkungsvoller Stellhebel hierfür besteht in der Einführung von KI-basierten Softwaretools, die sämtliche Transaktionen in Echtzeit analysieren und bei Abweichungen automatisiert Alarm schlagen. - Optimierung des Working-Capital-Managements
Gerade in konjunkturell unsicheren Zeiten ist die Sicherung von Liquidität für mittelständische Unternehmen überlebenswichtig. Geeignete Initiativen können helfen, das in Lagerbeständen, Forderungen und Verbindlichkeiten gebundene Kapital freizusetzen und die Liquidität so zu optimieren. Für eine Reduzierung und prozessübergreifende Steuerung hat sich die Verzahnung von Planungsprozessen für Vertrieb und Operationsfunktion (Einkauf, Produktion, SCM) erwiesen, das sogenannte Sales & Operations Planning (S&OP). Parallel dazu sollte das Forderungsmanagement z. B. durch strengere Kreditrichtlinien für Neukunden, die verstärkte Nutzung von Factoring oder Kreditversicherungen sowie eine Verkürzung der Zahlungsziele gestrafft werden. Auf der Verbindlichkeitsseite kann eine verbesserte Abstimmung mit Lieferanten dabei helfen, Zahlungsfristen zu verlängern, ohne die Lieferzuverlässigkeit zu gefährden. - Absicherung von Währungs- und Zinsrisiken
Mit der wachsenden wirtschaftlichen Unsicherheit steigt das Risiko von Währungsschwankungen und steigenden Zinsen. Unternehmen mit Geschäftsaktivitäten in den USA oder einer starken USD-Exposure sollten ihre Absicherungsstrategie überdenken. Kurzfristig sind Forward- oder Optionengeschäfte zur Währungsabsicherung sinnvoll, um Wechselkursschwankungen zu minimieren. Zusätzlich sollten Kreditlinien mit variablen Zinssätzen überprüft und – wo möglich – auf langfristige Festzinskonditionen umgestellt werden. Die Einführung eines Treasury-Management-Systems erlaubt eine laufende Bewertung der Finanzrisiken und sorgt für eine agile Steuerung der Absicherungsmöglichkeiten. - Erschließung alternativer Absatzmärkte außerhalb der USA
Nachdem die USA verstärkt protektionistische Maßnahmen ergreifen, sollten Unternehmen strategische Schritte zur Diversifikation ihrer Absatzmärkte einleiten. Vielversprechend sind Wachstumsmärkte in Asien und Lateinamerika, wo die Nachfrage nach deutschen Maschinen, Technologieprodukten und Industriekomponenten hoch ist. Ein pragmatischer Ansatz ist die Suche nach neuen Vertriebspartnern oder strategischen Kunden in diesen Märkten. Dies kann durch Markteintrittsanalysen, die Nutzung von Handelskammern oder den Ausbau digitaler Vertriebsplattformen beschleunigt werden. Wenn möglich, sollten bestehende Ressourcen effizient umgeschichtet und der Aufbau kostenintensiver neuer Vertriebsstrukturen vermieden werden. Online-Kanäle, virtuelle Messen und strategische Kooperationen können den Markteintritt ebenfalls erleichtern.
Mittelfristig umsetzbare Maßnahmen
- Strategische Anpassung von Beschaffung und Produktionsstandorten
Angesichts möglicher US-Handelsrestriktionen und verschärfter Lokalisierungsanforderungen sollten Unternehmen auch ihre Beschaffungs- und Produktionsstrategie neu bewerten. Dabei sind zwei Szenarien denkbar: Nearshoring, also eine Verlagerung der Produktion in geografisch näher gelegene Regionen (z. B. Osteuropa), um Abhängigkeiten von den USA zu reduzieren und flexibler auf Marktveränderungen zu reagieren. Alternativ: Onshoring in den USA. Falls der US-Markt unverzichtbar bleibt, kann eine teilweise Lokalisierung der Produktion helfen, Handelsbarrieren zu umgehen. Hierbei bieten sich Joint Ventures oder Partnerschaften mit US-Unternehmen an, um bestehende Infrastrukturen zu nutzen. Die Umsetzung erfordert eine fundierte Standort- und Kostenanalyse, außerdem müssen logistische und regulatorische Rahmenbedingungen berücksichtigt werden. - Sicherung von Technologietransfer und Innovationsfähigkeit
Weil technologische Kernkompetenzen und Innovationen die Lebensgrundlage vieler Mittelständler sind, ist es essenziell, Forschungs- und Entwicklungskooperationen trotz restriktiver US-Regelungen aufrechtzuerhalten oder neue Wege zu erschließen. Ein erfolgversprechendes Konzept ist die Bildung von „Innovations-Hubs“ in Europa oder in geopolitisch neutralen Regionen, in denen die Zusammenarbeit mit akademischen Partnern, Start-ups und anderen Unternehmen gesteuert wird. In der Praxis empfiehlt es sich, geistiges Eigentum auf möglichst vielen Märkten zu schützen, um einerseits rechtliche Sicherheit zu erlangen und andererseits flexibler auf den Abbruch einzelner Kooperationen reagieren zu können. Bei der Umsetzung ist es wichtig, sich nicht vorschnell aus US-Kooperationen zurückzuziehen, sondern zunächst alternative F&E-Partnerschaften zu evaluieren, um Knowhow-Verluste zu vermeiden. - Aufbau strategischer Allianzen und professionelles Netzwerkmanagement
Wenn US-Unternehmen durch staatliche Subventionen oder neue Regulierungen bevorteilt werden, kann der deutsche Mittelstand dem in Eigenregie nur wenig entgegensetzen. Deshalb ist eine enge Vernetzung mit Branchenverbänden, Industrie-Clustern und politischen Entscheidungsträgern sinnvoll, um Interessen zu bündeln und gemeinsame Lobbyarbeit auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene zu ermöglichen. Konsortien zu bilden, die gemeinsam in Forschung und Technologie investieren oder Beschaffungslösungen verhandeln, haben sich als praxistauglicher Ansatz bewährt. Dabei ist es wichtig, im Vorfeld klare Ziele und Verantwortlichkeiten festzulegen, um zu verhindern, dass Kooperationen im Sande verlaufen. Professionelles Netzwerkmanagement und eine strukturierte Partnerauswahl, bei der nicht nur Preis und Leistung, sondern auch kulturelle und strategische „Fits“ im Vordergrund stehen, sind für eine erfolgreiche Umsetzung wichtig.
Die genannten Maßnahmen liefern auch unabhängig voneinander jeweils einen eignen Mehrwert. Insgesamt verleihen sie mittelständischen Unternehmen eine robuste Struktur, mit deren Hilfe sie angesichts der protektionistischen Wirtschaftspolitik der USA – aber auch im Hinblick auf andere geopolitische Risiken – handlungsfähig bleiben. Ein Frühwarnsystem für Liefer- und Finanzrisiken, eine durchdachte Technologie- und Innovationsstrategie, die intelligente Anpassung von Vertrieb und Produktion, ein straffes Working-Capital-Management, eine global diversifizierte Standortpolitik, die Bündelung von Kräften in Allianzen und Netzwerken sowie ein professionell aufgesetztes Krisenmanagement bilden jene ineinandergreifenden Bausteine, die den deutschen Mittelstand resilienter und wettbewerbsfähiger machen. Die Erfahrung zeigt: Wer diese Bausteine konsequent und vorausschauend umsetzt, sichert nicht nur seine Finanz- und Ertragskraft, sondern gewinnt auch an Marktstärke – und damit an Zukunftsfähigkeit.
Die Zukunft des deutschen Mittelstands?
Schnelligkeit ist entscheidend – genau wie der richtige Partner
Die geschilderten Beispiele zeigen, dass entschlossenes Handeln, schnelle Reaktionsfähigkeit und professionelles Projektmanagement entscheidend dafür sind, wie Unternehmen den aktuellen Sturm überstehen. Es kommt jetzt darauf an, einen klaren „Sense of Urgency“ zu entwickeln und sich nicht von falscher Hoffnung leiten zu lassen.
Besonders hilfreich ist in einer solchen Situation die Unterstützung durch einen erfahrenen Berater. Gemeinsam lässt sich analysieren, welche Maßnahmen den größten Effekt haben. Denn eines ist klar: Die Entwicklungen unter Donald Trump 2.0 sind bedrohlich. Doch mit dem richtigen Handwerkszeug und einem erfahrenen Partner an der Seite kann der deutsche Mittelstand seine Position nicht nur verteidigen, sondern langfristig sogar ausbauen.
Wie gut ist Ihr Unternehmen auf geopolitische Risiken vorbereitet? Handelshemmnisse, Lieferengpässe, Investitionsunsicherheit – in Zeiten zunehmender globaler Instabilität braucht es klare Strategien, um die eigene Marktposition zu sichern. In einer unverbindlichen Erstberatung zeigt Ihnen unser Experte Jan Ulrik Holsten auf, welche konkreten Maßnahmen mittelständische Unternehmen jetzt ergreifen können, um resilienter zu werden – und Chancen zu nutzen, wo andere nur Risiken sehen.
Über den Autor
Jan Ulrik Holsten verantwortet als Partner bei enomyc den Bereich Sales und Marketing. Er verantwortet ganzheitliche Turnaround- und Wertsteigerungsprojekte als Berater und Interim-Manager. Der aktuelle Beitrag wirft ein Schlaglicht auf einen zentralen Lösungsansatz und Beratungsportfolios, welcher sich als wertvoller Stellhebel zur Verbesserung der Profitabilität und Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit erwiesen hat. Weitere Schwerpunkte von Jan Ulrik Holsten sind die Themenfelder Corporate Profit Improvement und Working Capital Management. Mehr über Jan Ulrik Holsten erfahren Sie hier.