Unternehmensverkauf: Darf´s ein bisschen mehr sein?
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Damit Eigentümer die Veräußerung ihres Unternehmens als erfolgreich bewerten, muss meist eine ganze Reihe von Voraussetzungen erfüllt sein: von der Sicherstellung des Fortbestands über den Erhalt von Standorten bis hin zur möglichst weitreichenden Sicherung der Arbeitsplätze. Mindestens genauso wichtig ist aber in fast allen Fällen ein möglichst hoher Preis. Die M&A-Experten Henryk Ciesielski und Andrej Kirschke erklären, welche Hebel Unternehmer bei der Wertberechnung nutzen können und wie sich der Erlös am besten maximieren lässt.

Der Wert eines Unternehmens hängt in der Regel von verschiedenen Faktoren ab: solchen, die zum Verkaufszeitpunkt als gegeben hingenommen werden müssen (sog. exogene Faktoren) und solchen, auf die die Verkäufer – insbesondere mit Unterstützung eines fachkundigen M&A-Beraters und eines optimal strukturierten Verkaufsprozesses – großen Einfluss haben.

Diese Faktoren beeinflussen den Unternehmenswert – lassen sich aber kaum aktiv steuern

Der Wert eines Unternehmens bemisst sich danach, wie die operativen Cashflows nach Investitionen und Steuern eingeschätzt werden, die die Firma zukünftig erzielen kann. Dabei spielen die Branche und die in dieser Branche vorherrschenden Wachstumsaussichten eine zentrale Rolle. Entsprechend unterscheiden sich die Branchenmultiplikatoren erheblich: Während zweistellige EBITDA-Unternehmenswert-Multiplikatoren (EBITDA: Operatives Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) etwa im Bereich innovative Softwaretechnologien oder der Medizintechnik eher die Regel als die Ausnahme sind, liegen Bewertungsmultiples im Automobilzulieferbereich oft im mittleren einstelligen Bereich.

Auch die Größe des Zielunternehmens hat großen Einfluss, weil sie die Zahl der infrage kommenden Investoren bzw. Käufer eingrenzt. Insbesondere Finanzinvestoren haben Mindestgrößenanforderungen für sogenannte Plattformunternehmen, also Unternehmen, die den durch weitere Zukäufe auszubauenden Nukleus in einer bestimmten Industrie oder Branche bilden sollen. Diese liegen in der Praxis oft bei einem EBITDA von ca. 3 Mio. EUR. Größere Unternehmen werden häufig als risikoärmer eingestuft und entsprechend höher bewertet.

Eine aktuell besonders relevante Einflussgröße ist das jeweils vorherrschende Finanzierungsumfeld. Finanzinvestoren, aber auch strategische Käufer, finanzieren einen Großteil des Kaufpreises in der Regel durch die Aufnahme einer Akquisitionsfinanzierung. Die Kosten (Zinsen) und Konditionen dieser Fremdfinanzierung haben direkten Einfluss auf den Preis, den ein Käufer zu zahlen bereit ist. Zusätzlich gibt es einen indirekten Effekt: Steigende Zinskosten führen in der Regel zu fallenden Börsenkursen und damit niedrigeren (Vergleichs-)Bewertungsmultiplikatoren in den meisten Branchen.

Wie Sie den Wert Ihres Unternehmens steigern

Die gute Nachricht: Potenzielle Verkäufer sind den Bewertungsfaktoren für einen Unternehmensverkauf nicht ohnmächtig ausgesetzt. Ganz im Gegenteil: Ein professionell vorbereiteter und durchgeführter M&A-Prozess verleiht ihnen erheblichen Einfluss auf den Unternehmenswert.

Dabei spielt ein kompetitiver Bieterprozess eine herausragende Rolle. Ein solcher Prozess ist unter anderem daran zu erkennen, dass

  • ein professionell verfasstes, umfangreiches und mehrsprachiges (deutsch und englisch) Informationsmemorandum vorliegt, außerdem
  • ein Prozessbrief, in dem einzuhaltende Fristen für die Abgabe von indikativen und bindenden Angeboten, die Due Diligence-Prüfung sowie die Vertragsverhandlungen enthalten sind sowie
  • ein gut gefüllter und strukturierter Datenraum.

Die Erfahrung zeigt, dass sich potenzielle Käufer im Rahmen eines derart strukturierten Verkaufsprozesses schnell des disziplinierenden Umstandes bewusst werden, dass sie im Wettbewerb mit einem großen und internationalen Kreis von Mitbewerbern für den Erwerb des Zielunternehmens stehen – und, dass solche Bieterprozesse im Vergleich zu „dahinplätschernden“ bilateralen Verhandlungen mit einem oder wenigen Käufern deutlich höhere Kaufpreise erzielen.

Businessplan und strategische Positionierung

Ein zweiter wichtiger Hebel für den Unternehmenswert ist der Businessplan. Dieser sollte drei bis vier Jahre in die Zukunft reichen und „bottom-up“ angelegt sein. Das heißt, er sollte eine Umsatzplanung pro Kunde, möglichst im Rahmen eines Preis-/Mengen-Gerüsts, sowie spezifisch geplante Kostenpositionen enthalten. Geschäftspläne, die auf pauschalierten Annahmen wie Umsatzmargen oder Kostenquoten basieren, sind in der Regel weniger glaubhaft.

Darüber hinaus sollte ein Businessplan den Spagat bewältigen, der darin besteht, gleichzeitig eine optimistische Prognose zu vermitteln und dabei unrealistische Wachstumsszenarien (sogenannte hockey sticks) zu vermeiden. Zur Erstellung eines zweckmäßigen Businessplans sollten Sie die Expertise eines erfahrenen M&A-Beraters nutzen. Dieser wird Ihnen auch dabei helfen, die darin gemachten Annahmen überzeugend zu plausibilisieren.

Auch die strategische Positionierung des Unternehmens im Kontext des Informationsmemorandums und Businessplans ist – soweit möglich – ein wichtiger Einflussfaktor für den Unternehmenswert. So wird ein metallverarbeitendes Unternehmen mit aktueller und zukünftiger Ausrichtung auf die Automobilbranche im Vergleich zu einem Metallverarbeiter mit einem zukünftigen Fokus auf die Medizintechnik eher niedriger bewertet werden. Die Gewichtung der Branchen in der Darstellung eines zukünftigen Wachstumsszenarios ist dabei ausschlaggebend.

das heißt: Wenn Sie Ihr Unternehmen verkaufen möchten, sollten Sie einen möglichst detaillierten Businessplan vorlegen, der mindestens die folgenden drei bis vier Jahre abdeckt. Unternehmen, die in zukunftsträchtigen Wachstumssegmenten tätig sind, werden tendenziell höher bewertet.

EBITDA: Grundlage für eine transparente Unternehmensbewertung

Dreh- und Angelpunkt eines laufenden M&A-Prozesses ist das sogenannte Current Trading bzw. die Ergebnisprognose für das laufende Geschäftsjahr. Diese sollte möglichst genau sein. Ein zu konservativ geplantes Ergebnis ist logischerweise nicht kaufpreisfördernd. Allerdings gibt es auch immer wieder Prozesse, die kurz vor dem Abschluss scheitern, weil Käufer ihre Gebote aufgrund aktueller Erträge, die unter den kommunizierten Prognosen liegen, nach unten revidieren.

Als Bewertungskenngröße ist das EBITDA entscheidend. Es bietet eine vergleichbare operative Kennzahl, die unabhängig von individuellen Finanzierungsstrukturen, Steuerstrategien und Abschreibungsmethoden ist. Damit schafft es die Grundlage für eine faire und transparente Unternehmensbewertung und ermöglicht Investoren einen präzisen branchenübergreifenden Vergleich des operativen Erfolgs.

Allerdings enthält das EBITDA in der Regel einmalige und für das zukünftige operative Geschäft nicht notwendige Kostenpositionen. Beispiele hierfür sind Gehälter für überflüssige  Geschäftsführer oder andere Mitarbeiter (oft Mitglieder der Gesellschafterfamilie), Anwalts-, Berater- und ggfs. Restrukturierungskosten, einmalige Bonus-Zahlungen an Mitarbeiter, überhöhte, nicht marktgerechte Mietzahlungen für die Betriebsimmobilie etc. Diese Positionen können in der Darstellung des EBITDA für die Investoren eliminiert werden. Dadurch steigt das bewertungsrelevante EBITDA. Im Fachjargon werden diese Ergebnisbereinigungen als Normalisierungen bezeichnet.

Synergie-Effekte steigern, Garantien reduzieren den Preis

Gelingt es, im Rahmen der Vertragsverhandlungen deutlich zu machen, dass sich durch den Kauf umfangreiche Synergien erzielen lassen, kann dies den Preis deutlich steigern. Käufergarantien, beispielsweise in Bezug auf Standort- und Arbeitsplatzerhaltung, haben dagegen tendenziell negativen Einfluss auf den Kaufpreis. Bestehen zwischen Verkäufer und Käufer Differenzen in der Bewertung von Synergien oder Garantien, lassen sich diese unter anderem mit Hilfe von sogenannten Earn-Out- oder Optionsmodellen überbrücken. Weil eine Vertiefung dieses Themas den Rahmen dieses Beitrags sprengen würde, wird sie Gegenstand eines weiteren Artikels sein.

Die wichtigsten Synergiearten bei einem Unternehmensverkauf können neben klassischen Kostenreduktionen oder steuerlichen Vorteilen vor allem Umsatzsteigerungen und der Zugang zu neuen Märkten sein, da sie den Gesamtwert der Transaktion steigern, die Effizienz verbessern und die Wettbewerbsposition des kombinierten Unternehmens stärken. Eine strukturierte Vorbereitung und die indikative Beschreibung potenzieller Synergiequellen können den Businessplan untermauern und so zu einem höheren Unternehmenswert führen, indem sie die Umsetzbarkeit und das Potenzial der Transaktion überzeugend darlegen.

Nicht zuletzt gilt auch beim Verkauf die Maxime: Gut vorbereitet ist halb gewonnen, denn der Unternehmenswert kann je nach Art des Investors erheblich variieren: Während strategische Investoren vor allem auf Synergien und langfristige Integrationseffekte achten, fokussieren sich Finanzinvestoren in erster Linie auf die Renditepotenziale und die Optimierung der finanziellen Struktur.

Je intensiver die Vorbereitung und je maßgeschneiderter die an den jeweiligen Investoreninteressen orientierte Präsentation, desto realistischer ist der Verkauf zu einem attraktiven Preis.

Lassen Sie sich bei der Umsetzung Ihrer Ziele unterstützen – von Beratern, die Sie mit ausgewiesener Expertise und der Erfahrung aus zahlreichen Unternehmensverkäufen professionell und strukturiert durch den gesamten Prozess begleiten.

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