Was machen Top-Performer im Marketing und Vertrieb anders als andere Unternehmen? Wie gelingt es ihnen, auch unter Pandemie-Bedingungen mehr Umsatz und Marge zu generieren? Im ersten Teil unserer Themenreihe stand der Paradigmenwechsel im Beschaffungsverhalten von Einkaufsorganisationen im Fokus. Auf Grundlage von Gesprächen mit Managern aus Einkaufs- und Vertriebsabteilungen sowie unserer Projektarbeit, ließen sich branchenübergreifend vier zentrale Erfolgsmuster identifizieren.

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Ein wichtiger Stellhebel liegt demnach darin, das Kaufverhalten potenzieller Kunden möglichst genau zu kennen. Wir hatten herausgestellt, wie wichtig hybride Marketing- und Vertriebsmodelle sind und welche Bedeutung die Analyse der Customer Journey und Präferenzstrukturen von Entscheidern in analogen und digitalen Erlebniswelten hat. Der zweite Teil unserer Themenreihe erläutert daher die drei folgenden Erfolgsmuster wachstumsstarker B2B-Unternehmen:

  1. Einen durchgängigen, systemgestützten Prozess für Marketing und Vertrieb entlang des Einkaufsprozesses potenzieller B2B-Kunden (Customer Journey) etablieren.
  2. Den Aufbau neuer Kompetenzen für Marketingexperten und Vertriebsmitarbeiter fördern.
  3. Die Performance über ein Sales Funnel Management konsequent steuern.

1. Nahtlose Prozesse, zufriedene Kunden

Auch wenn sich die Schwerpunkte von Marketing und Vertrieb (durch Außendienstverkäufer), wie bereits im ersten Teil aufgezeigt, über die einzelnen Phasen des Einkaufsprozesses verschoben haben, bleibt es wichtig, Kunden einen möglichst durchgängigen, nahtlosen Einkaufsprozess (End-to-End) zu bieten. Dieser reicht aus Anbietersicht von der Ansprache möglicher Prospects und der Lead-Generierung (für die initialen Einkaufsphasen der Markterkundung) über das Opportunity-Management (der Anbieter- und Produktbewertung und Kaufentscheidung) bis hin zum After Sales Management.

In der Praxis sind statt nahtloser Prozesse jedoch häufig Insellösungen innerhalb der Bereiche Marketing und Vertrieb an der Tagesordnung. Hinzu kommt der sogenannte Zaunwurf für Prozessergebnisse zwischen den Bereichen – unabhängig davon, wo die Funktionsgrenzen genau verlaufen. Jede Funktion nutzt jeweils eigene KPIs, Datenmodelle und Systeme. Die Konsequenz: zahlreiche Systembrüche, inkonsistente Datenmodelle und unterschiedliche Qualitäts- und Effizienzverständnisse über den Gesamtprozess hinweg.

Für die Systemunterstützung eines durchgängigen Marketing- und Vertriebsprozesses können Unternehmen heute auf eine Vielzahl etablierter IT-Lösungen zurückgreifen. Entscheidend für die Neuausrichtung ist ein abgestimmtes Prozess- und Qualitätsverständnis, sowie ein integriertes Datenmodell. Bereits semantische Interpretationsalternativen erschweren diese Aufgabe und sollten daher ebenso Gegenstand eines Moderationsprozesses sein, wie die Abstimmung über KPIs, Maßnahmen und Qualitätsmerkmale selbst. Ziel dieser Harmonisierungen ist es, einen sogenannten „Single Point of Truth“ zu erschaffen, um auf dieser Grundlage Entscheidungen für die Marktbearbeitung treffen zu können.

Eine solche Prozessharmonisierung findet ihre Fortsetzung sinnvollerweise (nicht notwendigerweise) in einer organisatorischen Integration der Funktionen Marketing und Vertrieb. Je komplexer Unternehmen strukturiert sind, umso herausfordernder ist dies. Denn während das Marketing in der Regel als zentrale Corporate Funktion geführt wird, sind Vertriebsorganisationen häufig dezentral nach Regionen oder Produkten organisiert. In der Konsequenz verfügen beide Funktionen über unterschiedliche Führungsprozesse, Incentive-Systeme und kulturelle Werthaltungen.

Eine organisatorische Integration muss daher top-down konzipiert und bis auf Mitarbeiterebene heruntergebrochen werden. Mit der Zusammenfassung beider Funktionsbereiche unter einer gemeinsamen Führung ist es nicht getan. Entscheidend ist vielmehr, kongruente Ziele zu entwickeln und diese konsistent in Funktionsbeschreibungen, Zielvereinbarungsprozessen und Vergütungsregeln auf Mitarbeiter-Ebene abzubilden. Ein erster wichtiger Schritt in dieser Richtung sind gemeinsame Planungen und Regelmeetings, um die jeweiligen Beiträge von Marketing- und Vertriebsaktivitäten für den Abschlusserfolg zu bewerten (vgl. dazu Steuerung der Performance im Sales Funnel).

2. Inbound statt Outbound: Neue Aufgaben für das Marketing

Veränderte Einkaufgewohnheiten verlangen eine inhaltliche Refokussierung der Funktionen Marketing und Vertrieb. Für das Marketing bedeutet das eine Umkehr vom push-basierten Outbound-Marketing zum Inbound-Marketing. Je stärker Einkäufer Informationen online suchen und finden, desto wichtiger ist es für das Marketing, gut auffindbare, relevante, hilfreiche und on-demand verfügbare Informationen anzubieten (pull). Dies geschieht über unterschiedliche Kanäle wie Suchmaschinen, Blogs oder Social Media. Neben der multimedialen Aufbereitung nutzwertiger Inhalte (z. B. White Paper, Service Tipps) sollten Instrumente wie SEO/SEA, Native Advertising und Landingpage-Optimierung genutzt werden. Das jeweilige Unternehmen und seine Vertreter sollten als Experten wahrgenommen werden. Um potenzielle Kunden an der richtigen Stelle im Kaufentscheidungsprozess zu erreichen, müssen Inhalte zudem spezifisch für die verschiedenen Phasen angeboten werden.

Auch für den vom Außendienst geprägten B2B-Vertrieb entsteht damit Handlungsbedarf. Durch den Bedeutungsverlust der Informationsfunktion von Außendienstverkäufern und der tendenziell späten Einbindung im Entscheidungsprozess durch einen Einkäufer ändern sich die Rollenerwartungen an Vertriebsmitarbeiter. Neue Arbeitsfelder ergeben sich aus der Weiterentwicklung technischer Analysesysteme und den daraus resultierenden Möglichkeiten des datenbasierten Vertriebs.

Um es deutlich zu sagen: Große Mittelstandsunternehmen werden für hochwertige Geschäftsbeziehungen auch in Zukunft qualifizierte Außendienstmitarbeiter benötigen. Aber die Fokussierung auf datenbasierte Vertriebsthemen wird gerade bei mittleren und kleineren Unternehmen dazu führen, dass Vertriebsaußendienst- zunehmend durch Vertriebsinnendienstmitarbeiter ersetzt werden. Die Expertise erfahrener Vertriebsmitarbeiter wird dabei weniger für die Interaktion mit einem konkreten Kunden, sondern mehr zur Bereitstellung intellektueller Beiträge über besondere Fachkenntnisse (z. B. im Rahmen von White Papers oder Tutorials) und die Generierung von (Sales Qualified) Leads (z. B. durch Outbound-Telefonie) gefragt sein.

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Selbst wenn sich Einkäufer vielfach einen vollständig digitalen Prozess wünschen, wird der Verkäufer auch weiterhin eine wichtige Rolle bei Preisverhandlungen und der Entwicklung bestehender Geschäftsbeziehungen (z. B. durch Cross Selling) spielen. Durch die neuen Möglichkeiten professioneller Datenanalysesysteme erwarten wir für den Vertrieb künftig drei inhaltliche Schwerpunkte: Ressourcenallokation, Kundenentwicklung und Preisoptimierung. Was hat es damit im Einzelnen auf sich?

Zunächst zum Thema Ressourcenallokation. Im betrieblichen Alltag richtet sich das vertriebliche Betreuungsmodell häufig nach der Kundengröße. Je umsatzstärker ein Kunde, desto intensiver die „Pflege“. Der Nachteil dieses Ansatzes: Er missachtet Umsatzpotenziale, die ein möglicherweise aktuell noch umsatzschwacher Kunde verspricht. Dieses einfache Beispiel zeigt, wie die sinnvollere Zuordnung von Ressourcen Mehrwert in der Vertriebsarbeit mit sich bringen kann. Durch den Einsatz von Datenanalytik haben Unternehmen heute außerdem vielfältige Möglichkeiten, den Match zwischen Personen und Geschäftsmöglichkeiten zu verbessern und Vertriebsmitarbeiter zielgenau dort einzusetzen, wo sie den höchsten Wirkungsgrad erzielen.

Auch in Sachen Kundenentwicklung gibt es vielfach Optimierungspotenzial. So implementieren viele Unternehmen – analog zum B2C-Vertrieb – auch im B2B-Geschäft Algorithmen, die die Wahrscheinlichkeit des nächsten Kaufs vorhersagen. Sie greifen dabei auf Daten von Käufen ähnlicher Kunden zurück. Durch diese Auswertung von Bestellmustern lassen sich Cross-Selling-Möglichkeiten innerhalb eines Kundenstammes identifizieren und mit maßgeschneiderten Mikrokampagnen unterstützen. Das verbessert auch die Kundenbindung. Denn, ob ein Kunde mit dem Gedanken spielt, zu einem Mitbewerber zu wechseln, lässt sich mithilfe von Machine-Learning-Algorithmen deutlich vor dem eigentlichen Absprung erkennen.

Neue Möglichkeiten schafft die IT auch im Bereich der Preisoptimierung. Deal Analytics sorgen für Transparenz und ermöglichen Verkäufern, noch während der Verhandlungen komplexe Kompromisse zu schließen. Haben sich B2B-Verkäufer in der Vergangenheit bei ihren Preisentscheidungen stark auf ihre Erfahrung verlassen, haben die Einkaufsteams zwischenzeitlich mit eigenen ausgefeilten Pricing-Tools nachgelegt. Dynamisches Deal Scoring macht das Spielfeld nun wieder frei, indem es Vertriebsmitarbeitern etwa während einer Verhandlung relevante Informationen zum Geschäft liefert.

3. Transparente Performance

Voraussetzung für eine erfolgreiche Unternehmensentwicklung und -steuerung ist größtmögliche Transparenz über den Wertbeitrag einzelner Marketing- und Vertriebsaktivitäten und ihre Relevanz für Umsatz und Marge. Die Grundlage dafür liefert der Sales Funnel. Dieser unterteilt den Marketing- und Vertriebsprozess in Phasen, die sich idealerweise an den Anforderungen der unterschiedlichen Phasen des Einkaufprozesses orientieren und denen jeweils eine Wahrscheinlichkeit für die spätere Auftragserteilung zugeordnet werden kann.


Marketing und Sales Funnel JUH
Neuer Marketing & Sales Funnel

Korrespondierend zu den einzelnen Phasen (Markterkundung, Anbieteridentifikation, Anbieterbewertung, Produkt-/Servicebewertung, Konditionenverhandlung, Vertragsverhandlung) des Einkaufsprozesses, die in der Regel branchenspezifisch sind und daher hier nur generalisierend abgebildet werden können, lassen sich typische Phasen des Marketing- und Vertriebsprozesses differenzieren. Ihr Abschluss lässt sich idealerweise als erfolgswahrscheinlichkeitsverändernder Zustand (Meilenstein) beschreiben:

  • Marketing Qualified Lead (MQL): Eine Marketing-Maßnahme hat sich bei einem potenziellen Kunden (Prospect) so gut festgesetzt, dass dieser Kontakt zur verkaufenden B2B-Organisation aufnimmt.
  • Sales Qualified Lead (SQL): Eine Anfrage eines potenziellen Kunden drückt einen Bedarf aus, der durch Produkte oder Services der Verkaufsorganisation bedient werden könnte.
  • Opportunity generiert: Ein potenzieller Kunde hat signalisiert, dass er zur Bedarfsdeckung grundsätzlich bereit ist, die Verkäuferorganisation zu berücksichtigen.
  • Opportunity spezifiziert: Die technischen und inhaltlichen Zielsetzungen des potenziellen Kunden sowie seine Lösungs- und Anbieterbewertungslogik sind verstanden und aus Verkäuferorganisation leistbar.
  • Angebot wird erstellt und an potenziellen Kunden versendet
  • Potenzieller Kunde hat die Bereitschaft bekundet, das Angebot inhaltlich und kommerziell zu besprechen.
  • Potenzieller Kunde führt abschließende Vertragsverhandlungen mit der Verkaufsorganisation.

Unabhängig von der Online- oder Offline-Relevanz der Marketing- und Vertriebsaktivitäten müssen Unternehmen die Wertbeiträge der Aktivitäten der einzelnen Phasen durchgängig erfassen, auswerten und zur Steuerung verwenden. Zwei besonders geeignete Bewertungskriterien für den Wertbeitrag über den gesamten Sales Funnel hinweg sind die Metriken Lead Velocity und Lead Conversion.

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Die Lead Velocity-Rate ist eine Kennzahl für den Zuwachs oder Rückgang von Leads während eines bestimmten Zeitraums. Idealerweise generiert ein Unternehmen mehr Leads, als es über den Sales Funnel verliert. Untersuchungen zeigen, dass für 85 Prozent der B2B-Unternehmen die Lead-Generierung das wichtigste Marketingziel ist. Zur Verbesserung der Lead Velocity-Rate gibt es verschiedene bewährte Methoden. Nicht alle sind in jeder Branche und in jedem Kontext gleich wirksam und erfolgreich. Häufig kommen Lead Nurturing, Content-Spezialisierung, Lead Scoring (z. B. über Automatisierungs-Tools) und Follow-up Initiativen zum Einsatz. Auch wenn die Lead Velocity vordergründig als Mengenindikator verstanden werden kann, gilt dies nur für qualitativ gleichbleibende Leads. Ändert sich die Qualität, ändern sich auch Coversion-Raten.

Ein anderes häufig genutztes Kriterium für den Wertbeitrag einer Maßnahme ist die Lead Conversion-Rate. Sie gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Aktivitäten einer Vertriebsphase zum Erfolg führen und dadurch in die nächste Vertriebsphase des Sales Funnel gelangen. Durch die Kombination der Einzelwahrscheinlichkeiten pro Vertriebsphase können über das Integral aller Leads und Opportunities auch Aussagen über die Auftragswahrscheinlichkeit und den voraussichtlichen Auftragseingang getroffen werden. Im Lichte der beschriebenen Themen kommt dabei der Conversion Rate zwischen Marketing Qualified Leads (MQLs) und Sales Accepted Leads (SALs) eine besondere Bedeutung zu.

Eine hohe Conversion Rate von MQLs zu SALs setzt eine Einigung zwischen Marketing und Vertrieb darüber voraus, was einen qualitativ hochwertigen Lead ausmacht. Außerdem erfordert sie eine regelmäßige Diskussion und Rückmeldung darüber, ob die Leads, die vom Marketing generiert werden, den vereinbarten Anforderungen entsprechen. Diese enge Koppelung folgt der Logik, dass auch das Marketing (und nicht nur der Vertrieb) für die Umsatzziele verantwortlich sein sollte. Fällt die Conversion Rate für MQLs unter 50 Prozent, ist dies ein sicheres Indiz dafür, dass das Marketing aus Vertriebssicht nicht genügend wertvolle Leads generiert.

Fest steht, was im B2C-Bereich seit vielen Jahren Usus ist, macht auch vor dem B2B-Geschäft keinen Halt: Kunden informieren sich online und können dabei im Alleingang wichtige Entscheidungstransparenz herstellen. Für viele traditionell strukturierte Vertriebsaußendienstmitarbeiter bedeutet das zwar nicht zwangsläufig das Aus. Aber sie werden sich darauf einstellen müssen, in hybriden Kontexten zu arbeiten und neue Fähigkeiten (z. B. datengetriebener Vertrieb) zu entwickeln. Veränderungsbereiten Unternehmen erschließen sich neue Möglichkeiten, Kundenbedürfnisse frühzeitig zu erkennen und zu erfüllen. Vorausgesetzt, die Unternehmensführung sorgt rechtzeitig für eine zeitgemäße organisatorische und inhaltliche Struktur und ist willens und in der Lage, in Know-how und Systemunterstützung zu investieren.

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