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Künstliche Intelligenz ist das Buzzword unserer Zeit. Was steckt eigentlich dahinter?„Das Konzept „Künstliche Intelligenz“ hat chirurgisch so spezifische Ansätze, über die kaum jemand qualifiziert sprechen kann, wenn er nicht wirklich damit zu tun hat“, sagt Franz Wenzel, Senior Consultant bei enomyc. Aktuell promoviert er im Bereich Energierecht zum Thema „Smart Metering und flexible Verbraucher“. Sein Ziel für den vorliegenden Artikel ist, „den nebulösen Begriff „KI“ zu entmystifizieren.“

Was ist konkret mit „Künstlicher Intelligenz“ gemeint? Welche Bedeutung hat KI für den Mittelstand? Und vor allem: Welche Ansätze versprechen einen positiven Wirtschaftseffekt?

IN ALLER MUNDE — DENNOCH SCHWER ZUGÄNGLICH
Zwischen wie vielen unterschiedliche Arten und Unterformen kann bei KI eigentlich differenziert werden? Existiert sie auch außerhalb von Großprojekten wie beispielsweise von Watson und AlphaGo? Welche aktuellen Anwendungsbeispiele von KI gibt es bereits im deutschen Mittelstand und warum sollten sich Unternehmen rechtzeitig mit der Implementierung beschäftigen?  

Die Wahrheit ist: Der Umfang von KI und ihre Auswirkungen sind immer noch relativ selten in der industriellen Landschaft zu beobachten. Was wir sehen, ist häufig der Vorläufer von KI – Robotic Process Automation (RPA) und die Digitalisierung von Geschäftsprozessen (Process Automation). Aber auch diese Entwicklung – das belegen Studien – hat in Deutschland mit nur 39% eine relativ niedrige Penetrationsrate. Nun soll diese Erkenntnis keineswegs den aktuellen Entwicklungsstand herunterspielen oder gar entmutigen – ganz im Gegenteil:

Will der deutsche Mittelstand mit seinen Hidden Champions an der vordersten Front der Weltwirtschaft mitspielen – insbesondere in der sich abzeichnenden wirtschaftlichen Situation – dann führt kein Weg daran vorbei: Es sollten verschiedene Instanzen der KI in die Geschäftsmodelle aufgenommen werden – und das besser früher als zu spät. Aber wie konkret? Welche KI-Lösungen können mittelständische Unternehmen entlasten und welche für Kapazitätserweiterungen und Absatzpotenziale sorgen?

DER BEGRIFF UND SINN VON KI
Wird in diesem Artikel auf "Künstliche Intelligenz" Bezug genommen, dann ist nicht Rede von einem System. Künstliche Intelligenz ist ein Konzept. Die Idee für den Einsatz von künstlich intelligenten Lösungen besteht darin, ein System von Mitarbeiter*innen, "intelligent" arbeiten zu lassen. Das übergeordnete Ziel ist, ein Unternehmen dabei zu unterstützen, seine Prozesse und Aktivitäten in einer bisher nicht möglichen Weise auszuführen – gleichzeitig aber die Kapazität der Belegschaft für andere wichtige, übergeordnete Aufgaben freizumachen.

DER UNTERSCHIED ZWISCHEN "STARKER" UND "SCHWACHER" KI
Generell kann "Künstliche Intelligenz" in zwei Gruppen unterteilt werden: „narrow“ – schwache KI und „strong“– starke KI. Letztgenannte ist Gegenstand der aktuellen Forschung. Während wir „strong AI“ besser aus der Popkultur kennen, ist „narrow AI“ bereits gang und gäbe. Sie ist so konzipiert, dass sie auf Anweisungen reagiert – auf sogenannte Algorithmen, an die sie gebunden ist und innerhalb deren Regelwerk sie auch bleibt. Und das aus gutem Grund:

Ihre Funktion ist, eine Aufgabe nach der anderen auszuführen und die Ausführung dieser immer weiter zu verbessern. "Schwache KI" ist ein Konzept, das zwar intelligent ist, aber nur für eine bestimmte Aufgabe entwickelt wurde. Ein gutes Beispiel für ein leistungsstarke, aber „schwache KI“ ist AlphaGo. Das Computerprogramm beherrscht das Spiel Go so gut, dass es den Weltmeister Lee Sedol mehrfach geschlagen hat, aber: Es beherrscht ausschließlich dieses Spiel – es kann keinen einzigen Schachzug machen.

Nun ist AlphaGo die Entwicklung eines Großunternehmens und das Ergebnis jahrelanger intensiver Forschung – es gibt aber bereits mehr als genug kleinere Lösungen, die für den Mittelstand entwickelt wurden und bereits von ihm eingesetzt werden.

AlphaGo_KI-MittelstandTYPISCHE FALLSTRICKE BEI DER IMPLEMENTIERUNG VON KI

  1. Vorab gilt es, realistisch zu bleiben und unternehmerische Erwartungen zu überdenken: Es gibt keine unternehmensweite KI-Lösung, die sämtliche Aufgaben von Mitarbeiter*innen erledigen kann. KI ist gemacht, um eine spezifische Aufgabe zurzeit auszuführen. Sie ist ein sehr effektives Werkzeug, ersetzt aber nicht den menschlichen Intellekt.

  2. Damit sie richtig funktioniert, muss eine KI-Lösung innerhalb des Unternehmens für ihre Aufgabe „ausgebildet“ – genauer: mit vielen, qualitativ hochwertigen und strukturierten Daten versorgt werden. Dabei ermöglichen zwei wichtige Komponenten den Einsatz von KI in bestimmten Arbeitsbereichen – oder sie verhindern ihn. Zum einen sind es strukturierte Daten, zum anderen Fachkompetenzen. In den meisten Fällen mangelt es an beidem.

  3. Die Implementierung von KI gleicht nicht unbedingt dieser eines ERP-Systems und sollte deswegen auch nicht auf gleicher Ebene betrachtet werden – zumindest nicht am Anfang. Unternehmen sind gut beraten, wenn sie zunächst gezielt nach Einsatzbereichen suchen, in denen eine KI-Lösung Sinn macht. Die detaillierte Auseinandersetzung ist ein Must: Sie bringt erst etwaige Einschränkungen zutage und bestimmt darüber, ob Workflows neu bewertet und geringfügige Änderungen vorgenommen werden müssen.

Im besten Fall startet ein Unternehmen mit kleineren Einsätzen, um sich „Quick-wins“ zu sichern und wertvolle Erfahrungen zu sammeln. Zum Teil gibt es dafür schon kleine, aber beeindruckend gute KI-Lösungen auf dem Markt.

ANWENDUNGSBEISPIELE VON KI-LÖSUNGEN FÜR MITTELSTÄNDLER
Intelligente Sensorik, intelligente Assistenzsysteme, voraussichtliche Wartungstermine und optimiertes Ressourcen-Management: Diese Ansätze sind aktuell die vielversprechendsten. Wesentlich spezifischer sind die zahlreichen Lösungen aus den folgenden Anwendungsbeispielen, die bereits genutzt werden:

  1. Automation von Geschäftsprozessen
    KI-Lösungen können verwendet werden, um Rechnungen vorzubereiten, Kundendatensätze zu aktualisieren oder gezielte Werbeaktionen zu versenden.
  2. Kundenservice 
    Mögliche Probleme werden erkannt und vermieden, noch bevor Nutzer den Support kontaktieren. Im Kundenservice selbst wächst der Einsatz von Chatbots: Sie helfen dem Kunden via Chat sofort oder vermitteln an den richtigen Ansprechpartner.
  3. Staff Solutions
    KI-gestützte persönliche Assistenten helfen bei Terminierungen, der Einhaltung von Terminen – sogar bei der Organisation von Geschäftsreisen.
  4. Effektives E-Mail-Management
    Google macht es mit der Smart Reply-App vor: Sie filtert Nachrichten nach deren Inhalten und schlägt selbst geeignete Antworten vor.
  5. Marketing Automation
    KI untersucht das Nutzerverhalten von Konsumenten und realisiert passgenaue, zielgerichtete und individuelle Werbekampagnen. So können Unternehmen potenzielle Kunden mit dem richtigen Angebot zur richtigen Zeit erreichen.
  6. Vertrieb
    Wissen und anbieten, was Kunden interessiert, bevor sie danach suchen: Der Algorithmus erkennt – basierend auf dem Nutzerverhalten – häufig schon im Voraus spezifische Interessen und kreiert das nächste Angebot.

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DER KI-SPEZIFISCHE STATUS QUO IM DEUTSCHEN MITTELSTAND
Aktuell, heißt es, nutzen gerade mal fünf Prozent der deutschen Firmen in der gewerblichen Wirtschaft KI-Lösungen. Hauptsächlich setzen deutsche Firmen noch Technologien im Bereich regelbasierter Systeme oder bei der robotergesteuerten Prozessautomatisierung ein. Dagegen berichten Unternehmen, die bereits KI-affin sind und die Technologie schon vielfältig einsetzen, von sehr positiven Erfahrungen. Zusätzlich bilden Umfragen ab, dass auch Konsumenten den Einsatz Künstlicher Intelligenz begrüßen: So gaben 70 Prozent der Befragten an, Chatbots bei Bestellprozessen als sinnvoll zu erachten.

Unternehmen, die KI-Technologien vorrangig mit Skepsis und Misstrauen begegnen, laufen Gefahr, wichtige Marktanteile an den Wettbewerb zu verlieren. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, ist es ratsam, KI – zumindest teilweise – in Geschäftsprozesse zu integrieren.  

OOTB-LÖSUNGEN UND HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN
Großkundenspezifische AI-Projekte sind nicht immer zugänglich für mittelständische Unternehmen. Dagegen treiben Out-of-the-box-Lösungen (OOTB) für Mittelständler – bereitgestellt durch Drittanbieter – die Implementierung von KI in großem Maßstab voran. Der Vorteil von OOTB-Lösungen besteht darin, dass sie bereits auf dem Markt vorhanden sind und – im Gegensatz zur Entwicklung eigener, maßgeschneiderter KI-Lösungen – weniger Fachkenntnisse im eigenen Unternehmen voraussetzen.

Der Anfang zur Implementierung von KI ist getan, sobald im Unternehmen mehr Wissen über das Konzept von KI existiert. Ist das Geheimnis um "Künstliche Intelligenz" erst gelüftet, finden sich erste Ansätze zur konkreten Umsetzung. Eines der Hauptargumente dürfte sein, dass der Wert eines Unternehmens und seiner Mitarbeiter*innen durch KI gesteigert wird: Die Technologie setzt zusätzliche Kapazitäten und Ressourcen frei, um nicht nur neue, sondern auch bessere Wege zur Erledigung spezifischer Aufgaben zu finden.

Statt in ablehnender Haltung zu verharren, den Wettbewerb zu beobachten und dessen Erfolge mithilfe von KI abzuwarten, lohnt es also, herauszufinden, wo die eigenen unternehmerischen Potenziale liegen.

Wie kann die Geschäftsfähigkeit Ihres Unternehmens mithilfe von KI in Richtung Zukunft gelenkt werden? Haben Sie Interesse daran, diese Themen gemeinsam mit uns zu durchdenken? Wir freuen uns über Ihre Kontaktaufnahme.

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