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Zwei Jahre Pandemie, zwei Jahre negatives Grundrauschen. Nun gesellen sich weitere Einflussfaktoren von außen dazu, die Unternehmerinnen und Unternehmer zusätzlich fordern. Steigende Energiepreise, Personalmangel & Co. – Um welche Sondereinflussfaktoren geht es? Wen betrifft das überhaupt? Wie können Unternehmerinnen und Unternehmer sich und ihr Unternehmen wappnen? Sind Preiserhöhungen das Gebot der Stunde? Und wie sichert man sich einen Informationsvorsprung in Zeiten wie diesen?

Darüber sprechen die enomyc-Gründer und geschäftsführenden Gesellschafter Martin Hammer und Uwe Köstens in unserem Podcast.

Herr Köstens, wie ist die Großwetterlage?

Uwe Köstens: Die Pandemie hat in den vergangenen zwei Jahren so ziemlich alles überlagert. Das ist allgemein bekannt. Doch 2021 sind einige Sondereinflussfaktoren hinzugekommen, die einen erheblichen Einfluss auf viele etablierte Geschäftsmodelle haben. Angefangen bei der Halbleiter-Krise über die Disruption in den Transportkosten, die steigenden Energiekosten und die Materialkostenverknappung bis hin zur Magnesiumknappheit und dem Personalmangel. Darüber hinaus beginnen in diesem Jahr die ersten KfW-Darlehen auszulaufen. Dies wird die Dinge noch einmal zusätzlich verschärfen. Da braut sich eine ganze Menge zusammen.

Zwei Jahre Coronapandemie – Ist ein Ende in Sicht, Herr Hammer?

 

Martin Hammer: Das kann wohl niemand hundertprozentig voraussagen. Ich gehe davon aus, dass uns die Pandemie noch die nächsten zwei Jahre begleiten wird. Hoffentlich dann in abgeschwächter Form, vielleicht als eine Art Grippe. Da wir bei unserer Arbeit primär bei unseren Kunden vor Ort sind, spüren natürlich auch wir die Auswirkungen der Pandemie unmittelbar.

Gehen wir also davon aus, dass das Pandemie-Geschehen die Unternehmen im Markt weiterhin als negatives Grundrauschen begleiten wird. Noch mindestens zwei Jahre, gepaart mit Sonderfaktoren. Wen betrifft das genau?

 

Köstens: Es betrifft in der Breite alle. Nehmen wir als Beispiel die Halbleiter-Krise. Eine Zulieferindustrie, die nicht lieferfähig war – und es immer noch nicht wieder ist. Einige Branchen wurden regelrecht ausgebremst, dazu gehört insbesondere die Autoindustrie.

Ich habe kürzlich mit einem Vertreter eines großen bayerischen Autoherstellers gesprochen. Er meinte, dass es aktuell kein lieferfähiges Auto gäbe – bis Ende Juni. Wir haben jetzt Februar. Wenn man das weiter herunterbricht, auf Zulieferer und Händler, dann merkt man allein in dieser Branche, wie gravierend die Auswirkungen sind. Und andere Industrien brauchen auch Halbleiter. Dieser Sondereinflussfaktor ist, in Kombination mit der Pandemie, ein ganz großes Problem und kann Geschäftsmodelle komplett zerschießen.

Das gilt auch für die steigenden Energiepreise. Einer unserer Kunden ist stark vom Gas abhängig. Er konnte den Gaspreis nicht für 12 Monate hedgen, also absichern, sondern immer nur zu Kassakursen abrechnen. Dort ist der Gaspreis um rund 560 Prozent gestiegen. Diese Preiserhöhung auf der Einkaufsseite konnte er auf der Absatzseite nicht weitergeben. So könnten wir jeden einzelnen Sondereinflussfaktor durchspielen.

Kommen wir direkt zum nächsten Faktor – Stichwort Personalmangel: Wer sollte sich mit dem Thema primär beschäftigen?

Köstens: Alle. Ich sage das bewusst so provokativ. Früher hatten wir vor allem eine Fachkräfte-Problematik, von Akademiker:innen im IT-Sektor bis zu Mechatroniker:innen. Heutzutage erstreckt sich der Personalmangel über alle Bereiche. Darunter auch das Helfergeschäft: Gabelstaplerfahrer:innen sind genauso nachgefragt wie Spülhilfen in der Gastronomie oder Reinigungskräfte in Hotels beziehungsweise in den Reinigungsfirmen. Viele geschulte Arbeitskräfte, die wichtige Funktionen und Jobs wahrgenommen haben, verließen in den vergangenen zwei Jahren Branchen wie diese, oder sogar das Land. Das ist ein Problem, da sich mehr Nachfrage auf weniger Angebot konzentriert.

Hammer: Fakt ist zudem, dass wir Anfang bis Mitte der 1960er-Jahre geboren sind und damit zu den Babyboomern gehören. Viele in unserem Alter, darunter auch Fach- und Führungskräfte, werden sich in den nächsten Jahren in den Ruhestand verabschieden. Dadurch wird eine unglaubliche Lücke entstehen. Aus meiner Sicht ist das Personal die entscheidende Erfolgskomponente, um ein Unternehmen zukunftssicher aufzustellen.

Köstens: Richtig, hier dazu ein Beispiel aus der Praxis: Ich habe vor kurzem ein Telefonat mit einem Sparkassenmitarbeiter geführt. Von rund 2.200 Mitarbeiter:innen gehen in den nächsten drei bis dreieinhalb Jahren etwa 400 Angestellte in Pension. Das sind knapp 20 Prozent des Personals.

Bleiben wir bei der Babyboomer-Generation. Abgesehen vom demografischen Wandel verschärft die Coronapandemie den Personalmangel noch einmal zusätzlich. Warum eigentlich?

Hammer: Die Pandemie hat eine neue Art des Arbeitens hervorgebracht. Die Themen Homeoffice, Remote Work und Kurzarbeit betreffen natürlich auch die älteren Jahrgänge. Es hat sich viel verändert. Ich beobachte, dass sich viele die Frage stellen, ob sie später wieder zurück in den normalen Arbeitsalltag wollen. Zahlreiche Geschäftspartner, mit denen wir im Tagesgeschäft zu tun haben, setzen sich schon heute aktiv mit dem Themen Ruhestand, Vorruhestand, Altersteilzeit und so weiter auseinander. Das hat sicherlich Ursachen, die in der Pandemie zu suchen sind.

Aus Beratersicht bin ich nach wie vor überzeugt davon, dass das persönliche Gespräch nicht zu ersetzen sein wird. Wenn wir davon ausgehen, dass wir in den kommenden zwei Jahren noch mit der Coronapandemie beschäftigt sein werden, muss sich unsere Arbeitswelt komplett neu ausrichten. Arbeiten wir weiterhin Remote, wirkt sich dies unter anderem auf den Immobilienmarkt aus, der sich ebenfalls dramatisch verändern wird. Nicht nur, weil die Innenstädte leerer geworden sind, sondern auch, weil sich überall auf der Welt große Konzerne die Frage stellen, wie viel Büroraum sie zukünftig überhaupt noch anbieten.

Wen betrifft dieser Wandel in der Arbeitswelt ganz konkret?

Hammer: Ich würde da zwischen zwei Gruppen unterscheiden. Auf der einen Seite diejenigen, die an operativen Prozessen beteiligt sind, und es gewohnt sind, Remote zu arbeiten. Werfen wir einen Blick auf die Automobilindustrie. Die Fahrzeuge werden zum großen Teil schon heute mithilfe von Robotern fertiggestellt, dennoch wird auch zukünftig Personal am Fließband oder in der Linie gebraucht werden. Auf der anderen Seite gibt es die Arbeitskräfte, die vor allem administrative Tätigkeiten ausüben. Während beispielsweise ein Klempner im Sanitärbereich weiterhin vor Ort sein muss, gilt das nicht mehr unbedingt für beispielsweise Assistent:innen oder Mitarbeiter:innen im Customer Service. Berufe wie diese werden sich komplett verändern und zunehmend ins Digitale verlagert.

Herr Köstens, Sie hatten eingangs noch einen weiteren Sonderfaktor – den Magnesiummangel – genannt. Was verbirgt sich dahinter?

Köstens: Es geht um die Lieferengpässe von Magnesium. Das betrifft die produzierende Industrie. Magnesium ist ein Rohstoff, der in China exploriert wird. Die chinesische Regierung sah sich im Herbst 2021 aufgrund mangelnder Stromkapazitäten gezwungen, die Produktion des Leichtmetalls um die Hälfte herunterzufahren. Die dadurch stark verringerte Liefermenge hat sich auch in Deutschland bemerkbar gemacht.

Betroffen von dem Magnesium-Engpass sind alle Unternehmen, die in irgendeiner Weise Aluminium verarbeiten. Magnesium ist eine Vorstufe beziehungsweise ein Rohstoff für Aluminium. Es macht das Material biegsamer und weicher, sodass auch dieses Thema viele Branchen betrifft, obwohl die Unternehmen nichts dafürkönnen. Das Ganze ist lediglich auf eine politische Entscheidung in China zurückzuführen, sprich: Den Magnesium-produzierenden Unternehmen weniger beziehungsweise keinen Strom zur Verfügung zu stellen. Bedingt durch ausbleibende Kohlelieferungen aus Australien und niedrige Pegelstände in den Wasserwerken konnte das Land nicht genügend Strom produzieren.

Hammer: Das ist übrigens ein ganz wesentlicher Punkt, über den wir hier sprechen: Es geht um exogene Faktoren. Deutsche Unternehmen, gerade im Mittelstand, sind in den vergangenen Jahren sehr erfolgreich geführt worden. Zwischen 2010 und 2019 herrschte praktisch Partystimmung. Der wirtschaftliche Aufschwung kannte nur eine Richtung, weiter nach oben. Seit 2020/21 gelten jedoch neue Spielregeln. Die exogenen Sondereinflussfaktoren, über die wir hier sprechen, haben einen großen Impact auf die zukünftige Unternehmensführung.

Apropos Spielregeln: Was können Unternehmerinnen und Unternehmer tun, die von derartigen externen Einflussfaktoren betroffen sind?

Köstens: Da es um exogene Faktoren geht, kann ich das als Unternehmer:in erstmal nicht ändern und muss es als gegeben hinnehmen. Heißt also, Unternehmerinnen und Unternehmer sollten sich dem Thema stellen. Die Erkenntnis ist immer der erste Schritt. Im zweiten Schritt geht es um die Gewinn- und Verlustrechnung oder die Bilanzen. Diese sollten so simuliert und modelliert werden, dass sich solche Effekte darin wiederfinden. Denn wer die Konsequenzen vor Augen hat, wird sich mit dem Thema auch intensiver beschäftigen.

Gehen wir von einem konkreten Beispiel aus: Ein Unternehmen, das sehr energieintensiv in der Produktion ist – Wie kann ich mich als Unternehmer:in dagegen schützen, dass die Energiepreise steigen werden?

Köstens: Rein methodisch bietet es sich an, die Energiepreise für drei, sechs oder zwölf Monate zu hedgen. Doch natürlich ist es so, dass nicht jeder Energieversorger dem Kunden das Recht zubilligt, sich für mehrere Monate einzudecken. Insofern spielt die Simulation der ganzen Situation weiterhin eine zentrale Rolle. Schließlich kann das Unternehmen die steigenden Preise an sich nicht verhindern.

Darüber hinaus kann man über den Energiemix nachdenken. Viele Unternehmen tauschen aktuell Gas gegen Öl, weil sie die stärker gestiegenen Gaspreise nicht mehr tragen können. Die Entwicklung steht jedoch konträr zu den Zielen der Bundesregierung, da die Emissionen entsprechend höher sind. Das ist ein sehr komplexes Thema, für das es nicht die eine allgemein gültige Erfolgsformel gibt.

Hammer: Wir haben viele Kund:innen, die von den steigenden Energiepreisen betroffen sind. Die meisten überdenken ihr Geschäftsmodell und überlegen, wie sie sich kostenseitig neu aufstellen können. Dazu gehören auch Überlegungen darüber, wie sie intern ihre Strukturen digitalisieren, verschlanken oder das ganze Set-up im Bereich der Kosten, die natürlich in den letzten Jahren überall stark gestiegen sind, neu strukturieren können.

Wie erwähnt, war die deutsche Wirtschaft bis 2019 in Partystimmung. Weil an weiteres Wachstum geglaubt wurde, baute man in Verwaltungs- und Führungspositionen zusätzliche Kapazitäten auf. Doch jetzt sind wir in einer gegenteiligen Situation. Das sind immer Zyklen, so wie nach der Lehman-Insolvenz 2008, im Prinzip eine vergleichbare Situation, oder wie nach dem Marktcrash 2001. Geschäftsmodelle müssen nun wieder entsprechend angepasst werden. Dazu gehört, Kostensteigerungen in einem gut durchdachten Preismodell mit seinen Kunden zu besprechen, und zu versuchen, einen Großteil dieser zusätzlichen Belastung weiterzugeben. Das ist kein einfaches Thema. Deshalb haben wir derzeit viele Beratungsprojekte zu sogenannten Pricing-Themen.

Köstens: Preiserhöhungen sind das Gebot der Stunde. Wir sind beide seit über 20 Jahren im Sanierungsumfeld tätig und sehr Kosten-geprägt. Normalerweise ist es während der Sanierung nicht ganz einfach, Kosten einzudämmen und Preiserhöhungen durchzusetzen. Doch aufgrund der exogenen Faktoren, also den gestiegenen Gas- und Strompreisen und anderen Sondereinflussfaktoren, haben Unternehmen die argumentative Grundlage, um zu sagen: „Liebe Kunden, es geht nicht anders, wir müssen die Preise erhöhen.“ Das ist auch für uns im Sanierungs- und Reorganisationsumfeld ein Stück weit ein Paradigmenwechsel, weil es in einer Krise beziehungsweise in dieser besonderen Situation normalerweise erst einmal um die Kosten geht. Dementsprechend wird es eine große Herausforderung für Unternehmen sein, diese Preiserhöhung durchzusetzen beziehungsweise weiterzugeben.

Also sprechen wir von einem Ansatz im Beratungsgeschäft, der in der Vergangenheit eher weniger eine Rolle gespielt hat, Herr Hammer?

Hammer: Die klassischen Restrukturierungsberater sind einerseits diejenigen, die im Cost-Cutting und in der Prozessoptimierung tätig sind. Andererseits ist es für mich wesentlich, ein ausgewogenes Pricing-System beim Kunden durchzusetzen. Wir stellen immer wieder fest, dass unsere Kund:innen oft nicht wissen, mit welchem Produkt sie wieviel Geld verdienen und wo es noch Reserven hinsichtlich potenzieller Preiserhöhungen gibt. Dazu gehören auch Kunden mit Umsätzen bis in den Milliardenbereich.

Ein gutes Beispiel dafür, wie digitale Prozesse optimal ablaufen können, sind Tankstellen. Wenn die Nachfrage am größten ist, wird automatisch der Preis erhöht. Das ist ein sehr ausgefeiltes Pricing-System. Unsere Kunden denken jedoch oft nicht so. Wir stellen immer wieder fest, dass, neben der Kostenreduzierung, das eigentliche Potenzial in entsprechend ausgewogenen Preiserhöhungen liegt.

Daher trafen wir vor zweieinhalb Jahren die Entscheidung, uns an dem Londoner Unternehmen Quber Tech zu beteiligen. Ehemalige McKinsey-Kollegen entwickelten die Software MarginQube, die wir gerade bei unseren ersten Kunden erfolgreich einsetzen. Das Programm verwendet Daten über verschiedene Produkte und errechnet entsprechend die Deckungsbeiträge. Deutlich wird, wo – im Marktvergleich mit ähnlichen Kunden – Preiserhöhungen möglich sind. So erreichen wir im Durchschnitt fast drei Prozent Preiserhöhung auf die Range des gesamten Produktportfolios eines Kunden gerechnet. Das ist viel mehr, als Unternehmerinnen und Unternehmer mit kleineren Prozessoptimierungen erreichen könnten. Und es fließt schneller in die PNL, also in das Ergebnis, ein.

Um zurück auf das Tankstellenbeispiel zu kommen: Sobald es eine Preiserhöhung gibt, sollte sich diese im Prinzip 1:1 beim Kunden im Preis widerspiegeln. Das wäre ideal. Wir glauben generell, dass solche digitalen Tools immer wichtiger werden, um auf Themen wie die Erhöhung von Energiekosten, Rohstoffpreisen und weitere Faktoren, zu reagieren. Nicht nur bei unseren Kundinnen und Kunden, sondern insgesamt in Deutschland.

Köstens: Vorausgesetzt, das Controlling kann ehrliche und belastbare Zahlen vorlegen. Wir gehen in der Regel von einer Zielmarge aus, die erreicht werden sollte. Alles, was darunter liegt, ist eine Mindermarge, und was darunter liegt, eine negative Marge. Und da kommt der Sortimentsmix ins Spiel. Bei Produkten mit einer negativen Marge bietet es sich an, diese entweder im Preis anzuheben, weil sie vielleicht strategisch wichtig sind, oder diese aus dem Sortiment zu eliminieren. Produkte mit einer Mindermarge hingegen könnten in Richtung Zielmarge getrieben oder aufgrund ihrer Signalwirkung dort belassen werden, weil sie die Zielmarge idealerweise halten, vielleicht sogar ausbauen. Hier treffen neue Business-Intelligence-Lösungen auf die traditionelle kaufmännische Welt, die es seit Jahrhunderten in der Betrachtung gibt. Leider müssen wir in der Praxis jedoch feststellen, dass die Voraussetzungen, um die genauen Margen zu ermitteln, oftmals in den Unternehmen nicht gegeben sind.

Kommen wir noch einmal auf das Thema Personal zurück – und das Beispiel Sparkasse. Der Betrieb ist maßgeblich geprägt durch Verwaltungs- und Overhead-Themen. Da spielt das persönliche Kundengespräch weiterhin eine zentrale Rolle. Wie stellt man sich bei der Personalfrage derzeit bestmöglich auf?

Hammer: Viele Sparkassen befinden sich mitten im Digitalisierungsprozess. Darüber hinaus reduziert sich der Bedarf an persönlichen Gesprächen im Bankgeschäft durch jüngere Kunden zunehmend. Wenn dann allerdings so ein Betrieb, wie vorhin erwähnt, rund 20 Prozent der Belegschaft verliert, ist das natürlich auf einen Schwung zu viel. Gerade wenn wir über den Finanzsektor sprechen, glaube ich allerdings, dass viele Sparkassen, Volksbanken und auch andere Banken Veränderungen im Moment durch die zunehmende Digitalisierung ihrer Prozesse kompensieren können.

Köstens: Losgelöst von dem Thema Finanzdienstleister empfehlen wir unseren Kundinnen und Kunden permanent nach Personal zu suchen. Jüngere Mitarbeiter:innen wechseln häufiger den Job als Ältere. Schon allein wegen des „Job-Hoppings“ lohnt es sich, Augen und Ohren offen zu halten. Gibt es Expansionspläne, für die zusätzliche Arbeitskräfte gebraucht werden, ist der Faktor Personal umso wichtiger.

Was können Unternehmerinnen und Unternehmer tun, um sich bestmöglich über das Pandemie-Geschehen zur informieren? Wie lassen sich wirtschaftliche Trends und Sonderfaktoren frühzeitig identifizieren?

Köstens: Sie sollten generell hellwach durch die Welt gehen. Das ist aktuell wichtiger denn je. Ob Branchen-Studien, Wirtschaftspresse oder Social Media – es gilt die richtigen Informationsquellen anzuzapfen. Denn oftmals ist es so, dass sich ein bestimmtes Problem nicht in der Breite ankündigt, sondern punktuell. Wer diese Vorzeichen rechtzeitig wahr- und ernstnimmt, verfügt über die nötige Reaktionszeit, um dem Ganzen zu begegnen. Es lohnt sich also, sich möglichst breit zu informieren, um entsprechend reagieren zu können.

Hammer: Für mich ist auch die Kommunikation mit den Kundinnen und Kunden wichtig. Ich empfehle, proaktiv über Einflussfaktoren zu sprechen. Gerade Preisanpassungen sind ein Entwicklungsprozess, der nicht mal eben so innerhalb von zwei Tagen realisierbar ist, ohne das Risiko einzugehen, dass Kund:innen sich für ein anderes Unternehmen entscheiden. Es gilt also, zu verdeutlichen, aus welchen Gründen in diesem Bereich die Preise angehoben werden.

Wenn man sich lediglich mit seinen Kund:innen und Akteuren aus bestimmten Branchen unterhält, besteht dann nicht zwangsläufig die Gefahr, sich nur in der sogenannten eigenen Bubble auszutauschen?

Köstens: Ja, sofern man nicht über den Tellerrand hinausschaut. Vor allem der Blick auf „Best Practices“ in anderen Industrien lohnt sich. Einer unserer Kunden war ein pharmazeutischer Lohnhersteller. Als ich vorschlug, mit den gleichen Prinzipien, wie sie in der Automotive-Industrie angewendet werden, in die Produktion zu gehen, war das ein Kulturschock für das Unternehmen. Dort stand Qualität immer über allem. Was in anderen Bereichen wie dem Automobilumfeld bereits akzeptiert war, war in der Pharmaindustrie komplett neu. Unternehmer:innen sollten sich also explizit fragen, von welchen Branchen sie etwas lernen können.

Sie sind beide selbst Unternehmer. Was tun Sie, um enomyc auf Kurs zu halten?

Hammer: Mit unserem Rebranding von ehemals K & H Business Partner zu enomyc vor drei Jahren haben wir parallel ein strategisches Ziel verfolgt – die Digitalisierung unseres eigenen Unternehmens. Heute sind wir komplett digitalisiert. Ich gebe zu, der Digitalisierungsprozess war nicht einfach. Aber mittlerweile glaube ich, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Vorteile erkannt haben.

Auch in der Pandemie haben wir umgedacht. Es gilt vielmehr, auf die unterschiedlichen Lebensmodelle einzelner Personen einzugehen. Viele unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben zum Beispiel kleine Kinder. Da sind 60- oder 80-Prozent-Stellen eine Option. Vor zehn Jahren wäre das, gerade in der Beratung, undenkbar gewesen. Das ist heute der Standard. Wir stehen im Wettbewerb mit unseren Marktteilnehmern und der Industrie und müssen also deutlich mehr bieten – und dazu sind wir gerne bereit.

Köstens: Wir müssen uns regelmäßig Veränderungen stellen. Während der Pandemie vor allem, als es um die Frage ging, wie wir unsere Kundinnen und Kunden erreichen. Ich bin Vertriebler aus Leidenschaft. Früher habe mich montagmorgens ins Auto gesetzt und bin donnerstagsabends zurückgekommen. In der Zwischenzeit führte ich rund 20 Gespräche und war stolz wie Oskar.

Durch die Pandemie fiel das alles weg. Wir setzen also auf Webinare. So konnten wir mit einem sehr zugespitzten Thema im vergangenen Jahr mehr als 1.500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erreichen. Die Webinare brachten uns in kürzerer Zeit sogar eine weit größere Sichtbarkeit. Danach war für mich klar, dass ich das Thema Digitalisierung im Sinne der Kommunikation mit unseren Kund:innen weiterentwickeln werde. Denn ein Gespräch vor Ort ist vielleicht nach einer halben Stunde bereits wieder vergessen, ein aufgezeichnetes Webinar ist hingegen 24/7 erreichbar und für uns im Einsatz. Wir passen uns also kontinuierlich dem Umfeld an und versuchen, neuen Gegebenheiten umgehend gerecht zu werden.

Es bleibt spannend. In einem halben Jahr wollen wir Revue passieren lassen, wie sich die aktuelle Lage weiterentwickelt hat. Herr Hammer, Herr Köstens – herzlichen Dank für das Gespräch!

Sie haben Fragen zu Lieferengpässen, Prozessoptimierungen, zum Thema Pricing oder weiteren Sondereinflussfaktoren? Schreiben Sie gern direkt unseren Experten:

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