Als mit der Finanzkrise vor über 12 Jahren eine Rezession von fast historischem Ausmaß über viele Branchen hereinbrach, traf sie die meisten Unternehmen völlig unvorbereitet. Genauso erging es vielen Unternehmen auch im letzten Jahr. Und während zu Beginn der Corona-Krise noch die Sicherung der Überlebensfähigkeit auf der Agenda stand, stehen die Unternehmen jetzt vor der Herausforderung, strategisch richtig aufgestellt aus der Krise herauszufinden. Was gehört dazu? 

„Zum einen die Beschleunigung der Digitalisierung, dann die Neuausrichtung der Supply Chain. Vor allem aber die Sicherstellung eines wettbewerbsfähigen Kostenniveaus”, sagt Dr. Stefan Frings, Partner bei enomyc. Wie geht das? Welche Wege gibt es, um Overhead-Kosten zu senken? Erfahren Sie mehr über Leitfragen und Stellhebel, die die Effizienz eines Unternehmens kurzfristig steigern können.

„Overhead zieht Overhead nach"

Die ständige Optimierung der Kostenposition: Ausgerechnet sie wurde in guten Zeiten häufig vernachlässigt. Sie betrifft vor allem die Verwaltung und Zentralfunktionen im Unternehmen – die Overhead-Bereiche. In den letzten Jahren wurde aufgrund guter Umsatz- und Ertragslage bei der Dimensionierung der Overhead-Bereiche und der Genehmigung von Personalstellen oft ein Auge zugedrückt. Nicht zuletzt seit den Anfängen der Gemeinkostenwertanalyse wissen wir aber: „Overhead zieht immer Overhead nach“. Die Folge ist häufig ein Wildwuchs ausufernder Gemeinkostenbereiche mit dem Hang zur Bürokratisierung. 

Eine veränderte Fragestellung

Wofür ist der Kunde bereit zu zahlen? – diese Frage war gestern. Heute heißt es: „Wie können wir Macht und Einfluss im Unternehmen erhalten?“. Bei sinkenden Umsätzen führt dieser Ansatz direkt zu einem massiven Fixkostenproblem: Viele Unternehmen reagieren pauschal mit Personalabbau nach dem Rasenmäherprinzip. Das Personal wird dann weitgehend unabhängig von strategischen Überlegungen abgebaut. Tatsächlich ist dies eine wenig zielführende Maßnahme. Wie geht das besser?

Die Optimierung der Overhead-Kosten sollte sich zunächst an den folgenden, sehr wesentlichen Fragen orientieren: Ist die Leistung, wie sie aktuell erbracht wird, in dem Umfang notwendig? Oder kann auf die Leistung insgesamt – respektive auf einzelne Komponenten – verzichtet werden? Bei notwendigen Leistungen gilt: Können diese effizienter erbracht oder kostengünstiger vom externen Markt bezogen werden? 

Dieser Prozess braucht methodische Unterstützung. Gerade international tätigen Unternehmen mit einer großen Flächenorganisation fehlt es häufig an jeglicher Transparenz über ihre administrativen Kapazitäten. Wer kann schon die Frage danach beantworten, wie viele Mitarbeiter:innen sich in einem Unternehmen, beispielsweise mit Personalentwicklung, beschäftigen? Hier hilft nur Transparenz: Über sie werden erst Ansatzpunkte zur Optimierung offengelegt und klar identifiziert. Welche Wege führen im ersten Schritt zu mehr Transparenz?

Phase 1: Bestandsaufnahme

Bei der Neudimensionierung von administrativen Kapazitäten setzen wir seit Jahren auf ein Web-basiertes Tool. Ziel ist die Erfassung aller Mitarbeiter:innenkapazitäten und deren Allokation auf Teilprozesse. Dabei erfolgt die Zuordnung der Kapazitäten auf der Basis eines branchenspezifischen Standard-Prozessmodells. Das Standardprozessmodell wird iterativ auf die spezifischen Belange des Unternehmens angepasst und abgestimmt. Die Verwendung eines standardisierten Prozessmodells bietet die Möglichkeit unternehmensübergreifender Benchmark-Vergleiche. Die Kapazitäten werden mit den Führungskräften gemeinsam verteilt und anschließend auf Plausibilität geprüft. 

Phase 2: Schaffung von Transparenz

In 3- bis 5-stündigen „Tiefbohrungsworkshops“ werden die Ergebnisse plausibilisiert. Vertiefende Prozessanalysen werden durchgeführt, Probleme gesammelt und erste Verbesserungsansätze identifiziert. Das Ergebnis: eine sehr genaue Transparenz über die Verteilung der indirekten Kapazitäten. Dieses hohe Maß an Transparenz bildet die Basis für prozessuale und strukturelle Verbesserungen. In einem Unternehmen mit 1.500 Mitarbeiter:innen dauerte es – von der Anpassung des Prozessmodells über die Erfassung der Kapazitäten bis hin zur Vorlage des Ergebnisses – circa vier Wochen. Dabei zeigte sich ein Überhang von rund 130 Mitarbeiter:innenkapazitäten. 

Phase 3: Zentralisierung

Nach der Schaffung von Transparenz und dem Erfassen von Kapazitäten folgt die Erarbeitung von Verbesserungsmaßnahmen. Dabei haben sich strukturelle Ansätze bewährt, beispielsweise die Bündelung von Funktionen an einem Standort – darunter spezifische Engineering-Aktivitäten oder Lead Buyer-Funktionen für ausgewählte Materialgruppen. Auch die prozessuale Weiterentwicklung durch geeignete IT-Unterstützung hilft häufig bei der Realisierung von Verbesserungsmaßnahmen. So kann es sinnvoll sein, beispielsweise die Reisekostenabrechnung für ein Unternehmen, an einem Low Cost-Standort zu zentralisieren. Hier werden Faktorkostenunterschiede infolge geringerer Personalkosten bestenfalls genutzt und zusätzlich die Effizienz des Prozesses durch geeignete IT-Unterstützung gesteigert.

Phase 4: Outsourcing

Im Mittelpunkt steht aber vor allem auch das wertanalytische Hinterfragen der erbrachten Services. An die Frage, ob eine Leistung wirklich benötigt wird, schließt die Untersuchung an, ob sie nicht auch vom externen Markt bezogen werden kann. Beispielsweise Leistungen rund um den IT-Support. Aufbauend auf unseren Erfahrungen aus langjähriger Projektarbeit haben wir den integrierten Projektansatz „Lean Admin“ entwickelt. Dieser Ansatz verbindet Transparenz, Konzept und Umsetzung zu einem in sich geschlossenen Projektmodul. Aufgrund des prozessualen Ansatzes gelingt es hier im Regelfall, ein emotionales Thema weitgehend zu versachlichen. Gerade die tiefgehende Transparenz mithilfe einer Tool-gestützten Kapazitätsaufnahme erleichtert und versachlicht auch die Diskussion und Verhandlung mit den Sozialpartner:innen.

Krisen sind in der Regel auch Chancen. Gerade externe Schocks ähnlichen Ausmaßes wie die Corona-Pandemie waren in der Wirtschaftsgeschichte immer Effizienztreiber und Innovationsbeschleuniger. Vor diesem Hintergrund ist es unerlässlich, rechtzeitig an der Verbesserung der Kostenposition zu arbeiten. So finden Unternehmen mit Schwung aus der Krise heraus.

Welche Fragen beschäftigen Sie rund um das Thema Overhead-Kosten? Sprechen Sie uns an. Unsere unabhängigen Operations-Expert:innen steigern die Wettbewerbsfähigkeit mittelständischer Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen.

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