2025 war ein Jahr der Herausforderungen – und ein Jahr der Professionalisierung. Viele mittelständische Unternehmen haben ihre Geschäftsmodelle geschärft, ihre Finanzierungsstrategien angepasst und den technologischen Wandel aktiver angegangen als in den Jahren zuvor. Wir sprechen mit den enomyc-Gründern Martin Hammer und Uwe Köstens über zentrale Entwicklungen und darüber, was 2026 für den Mittelstand entscheidend wird.
Herr Hammer, wie blicken Sie auf das Jahr 2025 zurück?
Martin Hammer: 2025 war ein Jahr, das viel Anpassungsfähigkeit gefordert hat. Die Märkte waren volatil, Lieferketten und geopolitische Themen haben Entscheidungen beschleunigt, und die Finanzierungssituation blieb anspruchsvoll. Gleichzeitig haben wir gesehen, dass viele mittelständische Unternehmen diese Phase genutzt haben, um sich strukturell und operativ weiterzuentwickeln. Besonders deutlich ist für mich: Die Qualität in Planung, Reporting und Risikomanagement hat spürbar zugenommen. Das stimmt mich für 2026 zuversichtlich.
Herr Köstens, wo lagen aus Ihrer Sicht die größten Belastungen für den Mittelstand?
Uwe Köstens: Die größte Belastung war die Unvorhersehbarkeit. Unternehmen mussten Entscheidungen häufiger neu bewerten und taktisch schneller agieren. Trotzdem hat diese Phase wichtige Erkenntnisse gebracht: Strategische Starrheit funktioniert nicht mehr – Szenarien, flexible Budgets und eine klare Priorisierung sind zu zentralen Steuerungsinstrumenten geworden. Das ist eine Entwicklung, die dem Mittelstand langfristig zugutekommen wird.
Wie hat sich das Beratungsgeschäft dadurch verändert?
Martin Hammer: Wir erleben eine Verschiebung, die ich sehr begrüße. Viele Unternehmer kommen heute deutlich früher ins Gespräch mit uns – also nicht erst in der Krise, sondern bereits, wenn strukturelle Veränderungen absehbar sind. Die Themen verlagern sich Richtung Finanzierung, Performance Management und Transformation. Private Debt wird immer relevanter, besonders für mittelständische Unternehmen, die flexible Strukturen brauchen. Wir bauen unser Netzwerk an Mid-Market Direct Lendern deshalb gezielt aus. Gleichzeitig spielt Technologie eine immer größere Rolle. KI verändert Analyse, Entscheidungsfindung und Prozesse – nicht nur bei uns, sondern vor allem in den Unternehmen selbst.
Welche Entwicklung war für enomyc selbst besonders prägend?
Martin Hammer: Eine der wichtigsten Entwicklungen ist unsere Internationalisierung, vor allem der Standort in den USA. Viele deutsche Mittelständler haben dort Produktions- oder Vertriebseinheiten, und wir können sie nun sehr viel umfassender begleiten.
Auch intern haben wir unsere Teams verstärkt: Finanzierung, Transformation und präventive Restrukturierung sind deutlich gewachsen – weil diese Themen im Markt stark nachgefragt werden.
Was wird aus Ihrer Sicht 2026 für Unternehmer entscheidend sein?
Martin Hammer: 2026 wird ein Jahr der Weichenstellungen. Unternehmer müssen klare Entscheidungen treffen – in der Finanzierung, im Operating Model und bei Investitionen in Technologie. Besonders wichtig ist, dass CFOs und CEOs Kapitaleffizienz und finanzielle Stabilität in den Mittelpunkt stellen. Gleichzeitig eröffnet die technologische Entwicklung enorme Chancen für Produktivität und Transparenz. Wer jetzt investiert, verschafft sich Vorteile.
Herr Köstens, welche Handlungsspielräume haben Unternehmen konkret?
Uwe Köstens: Mehr, als viele denken. Frühwarnsysteme und Szenarien stärken die Handlungsfähigkeit enorm. Die präventive Restrukturierung nach IDW S 16 und StaRuG eröffnet Unternehmern die Möglichkeit, Risiken frühzeitig zu adressieren – im gesunden Zustand und ohne Krisenszenario. Operative Exzellenz ist ein weiterer wesentlicher Faktor. Viele Unternehmer haben 2025 begonnen, Prozesse zu verschlanken und stärker zu automatisieren. Das wird 2026 ein wichtiger Werttreiber. Und drittens: Talent und Organisation. Unternehmen, die ihre Führungs- und Entscheidungsstrukturen modernisieren, sind deutlich schneller und resilienter unterwegs.
Herr Hammer, wo sehen Sie die größten Chancen für 2026?
Martin Hammer: In drei Bereichen. Erstens: Technologie – insbesondere KI. Sie ermöglicht eine Geschwindigkeit und Qualität in Entscheidungen, die es so vorher nicht gab.
Zweitens: M&A. Wir sehen attraktive Gelegenheiten für mittelständische Käufer, die gut vorbereitet sind. Und drittens: Internationalisierung. Unternehmen, die global präsent oder auf dem Weg dorthin sind, haben 2026 besondere Chancen, Marktanteile zu gewinnen. Viele Unternehmen haben 2025 ihre Hausaufgaben gemacht – und das eröffnet 2026 echte Gestaltungsspielräume.
Herr Köstens, was würden Sie Unternehmerinnen und Unternehmern mit Blick auf den Jahresstart raten?
Uwe Köstens: 2026 ist das Jahr, in dem sich entscheidet, wie stark Unternehmen in die nächsten Jahre gehen. Mein Rat lautet daher: Planen Sie realistisch, steuern Sie aktiv und nutzen Sie Ihre Stellhebel konsequent. Ich erwarte keine sofortige Trendwende, aber eine strukturelle Stabilisierung ist möglich – wenn die Weichen jetzt richtig gestellt werden. Unternehmen, die früh starten, werden einen klaren Wettbewerbsvorteil haben.
Vielen Dank für das Gespräch.