Die Corona-Pandemie und ihre Folgen, wie u. a. die Störung wichtiger Lieferketten oder Materialverknappung, haben viele Unternehmen in eine existenzbedrohende Krise gestürzt. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen haben mit zweistelligen Umsatz- und Ergebniseinbrüchen zu kämpfen. Besonders hart trifft es Firmen, die es in guten Zeiten versäumt haben, sich für die Krise zu wappnen. Höchste Zeit also, das Thema präventive Restrukturierung jetzt beherzt anzugehen.
Vor allem Produkte mit unzureichendem Ergebnisbeitrag, ineffiziente Prozesse und schwerfällige Entscheidungsstrukturen führen häufig zu Problemen: Waren sie in wirtschaftlich guten Zeiten noch kompensierbar, können sie in einer Krise schnell zur Existenzbedrohung werden.
Klar im Vorteil sind in dieser Situation Unternehmen, welche die Krise als Chance begreifen, notwendige Veränderungen antizipieren und schnell umsetzen. Das Ziel: Effektivität verbessern, Effizienz steigern, Wachstumsinitiativen starten und Liquidität erhöhen. Die notwendigen Maßnahmen sollten proaktiv, schnell und gründlich ergriffen werden, bevor Liquiditätsengpässe das Unternehmen noch weiter in die Defensive zwingen. Erste, wesentliche Voraussetzung für eine Rückkehr auf die Erfolgsspur ist der schonungslose Blick auf die tatsächliche Lage der Firma mit allen Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken.
Strategische Restrukturierung: Neuausrichtung top down
Dazu sollte in einem ersten Schritt eine Ergebnisrechnung auf Produkt- und Geschäftsfeldebene aufgebaut werden. Sie bildet die Grundlage für fundierte betriebswirtschaftliche Entscheidungen etwa im Hinblick auf eine Anpassung des Produktportfolios und Geschäftsmodells oder die Optimierung von Beteiligungen.
In einem zweiten Schritt können mithilfe einer Portfolio-Positionierung Strategien abgeleitet werden. Die Positionierung erfolgt anhand der Kriterien „Rendite“ und „strategisches Potenzial“. Für Produkte, Beteiligungen oder Geschäftsfelder mit geringem strategischem Potenzial und stark negativer Rendite wird eine Desinvestition empfohlen. Im Fall negativer Renditen und hohen strategischen Potenzials ist eine umfassende und ganzheitliche Restrukturierung anzustreben. Bei Beteiligungen oder Geschäftsfeldern mit hohen Renditen, aber geringem strategischem Potenzial, ist an eine Veräußerung zu denken, um zusätzliche Liquidität zu erzielen. Kerngeschäftsfelder mit hoher Rendite und hohem strategischem Potenzial sollten gestärkt werden. Im Kern zielt die strategische Restrukturierung auf eine Redimensionierung des Portfolios durch klare Fokussierung auf das Kerngeschäft.
Operative Restrukturierung: Kostensenkung an allen Fronten
Ziel einer operativen Restrukturierung ist eine Produktivitätssteigerung in Prozessen, die Neugestaltung von Strukturen und eine nachhaltige Optimierung der Kosten- und Erlösseite. Aufbauend auf den Ergebnissen der strategischen Restrukturierung, zielt die Erlösoptimierung dabei auf die Initiierung von Wachstumsoffensiven für attraktive Produkte und Geschäftsfelder. Dabei müssen produktbezogene Maßnahmen zunächst in kundenbezogene Aktivitäten überführt werden. Das bedeutet: Pro Topkunde müssen die produktbezogenen Deckungsbeiträge ermittelt werden, um Potenzialkunden und Zuschusskunden zu identifizieren. Geeignete Aktivitäten sind etwa die Eliminierung von deckungsbeitragsnegativen Produkten und -varianten, eine Verschiebung des Produktmixes zugunsten deckungsbeitragsstarker Produkte oder die Eliminierung von deckungsbeitragsnegativen B- und C-Kunden.
Umsatzsteigerungspotenziale ergeben sich unter anderem aus der Neugestaltung des Preis- und Konditionensystems, erlösoptimale Anpassung der Basispreise oder durch eine Erhöhung der verkaufsaktiven Zeit im Vertrieb. Weitere Umsatzsteigerungspotenziale liegen häufig in neuen Märkten und Produkten. Wichtig ist dabei, nicht auf Kundenanforderungen zu warten, sondern Bedarf zu antizipieren und proaktiv Ideen zu entwickeln. Gerade in kleinen und mittleren Unternehmen werden Produkteinführungszeitpunkte eher von technischen als von marktlichen Faktoren bestimmt.
Die drei wichtigsten Stellhebel zur Kostensenkung
Eine der Hauptaufgaben jedes Restrukturierungsvorhabens sind möglichst kurzfristig wirksame Maßnahmen zur Kostensenkung. Einkauf, Sachkosten und Personal bilden dabei die drei zentralen Ansatzpunkte. Materialkostenanteile von mehr als 50 Prozent an den Herstellkosten sind in produzierenden Unternehmen keine Seltenheit. Aus diesem Grund müssen Beschaffungsvolumen, -strategien, -prozesse und -strukturen umfassend analysiert werden. Langfristige Maßnahmen zur Reduzierung der Materialkosten ergeben sich durch Standardisierung von Baugruppen und Value Engineering. Durch die genannten Maßnahmen lassen sich die Materialkosten in einer Größenordnung von 20 Prozent, bezogen auf den Ausgangswert, reduzieren.
Die nachhaltige Absicherung einmal erreichter Verbesserungen erfordert eine konsequente Professionalisierung des Einkaufs etwa durch konsequentes Materialgruppenmanagement und die Einbindung in Entwicklungsprojekte. Maßnahmen zur Senkung des „Komfortgrades“, etwa bei Dienstreisen oder in der Büroausstattung, sind ein einfaches und wirkungsvolles Instrument, um Sachkosten zu reduzieren. Die Maßnahmen sind einfach umzusetzen und wirken sofort, sowohl ergebnis- als auch liquiditätsverbessernd. Als Nebeneffekt führen sie zu einer Kostensensibilisierung der Mitarbeitenden.
Der dritte und häufig größte Stellhebel sind die Personalkosten. Kostenreduzierungen in diesem Bereich müssen aufgrund der aktuellen Lage hoch priorisiert werden. Durch Einstellungsstopp, Abbau von Leiharbeit, Reduzierung von Überstunden, Nicht-Verlängerung von Zeitverträgen und Kurzarbeit können hier schnell deutliche Kosteneinsparungen realisiert werden.
Bei der Generierung von freier Liquidität kommt der Optimierung des Net Working Capitals die größte Bedeutung zu. Als Net Working Capital wird die Differenz zwischen dem operativen Umlaufvermögen und den operativen Verbindlichkeiten bezeichnet. Effektives Working Capital Management zielt auf den einfachen Grundsatz wirtschaftlichen Handelns: „Früh kassieren – spät zahlen“. Ein ganzheitliches Programm zur Reduzierung des Working Capitals orientiert sich gleichermaßen an den drei Stellhebeln Bestände, Forderungen und Verbindlichkeiten. Ansatzpunkte finden sich entlang der gesamten Wertschöpfungskette – vom Einkauf (Verbindlichkeiten) über Produktion und Logistik (Bestände) bis zum Vertrieb (Forderungen).
Planung ist das halbe Leben: Ohne Überraschungen durch die Krise navigieren
Kapitalmarktorientierte Unternehmen verfügen nicht zuletzt aufgrund ihrer Offenlegungspflichten in der Regel über vereinheitlichte Ergebnisreportings. Mittelständisch geprägte Unternehmen dagegen weisen im Hinblick auf Planungsprozesse und Reporting häufig massive Defizite auf. Die Erfahrung zeigt, dass ein standardisiertes und zeitnahes Berichtswesen oft nur rudimentär vorhanden und die Planungs- und Budgetdisziplin schwach ausgeprägt ist. Gerade Familienunternehmen sollten das aktuelle wirtschaftliche Umfeld daher nutzen, um interne Prozesse und Reportings zu optimieren. Ziel ist dabei nicht, in den Bereichen Reporting und Controlling besonders modern zu sein, sondern vielmehr einen unternehmens- und adressatenspezifischen Ansatz zu finden oder bestehende Ansätze zu optimieren. Entscheidend ist, monatlich zeitnah über die aktuelle Ertrags- und Liquiditätsentwicklung jeder rechtlichen Einheit informiert zu sein, um bei Bedarf frühzeitig gegensteuern zu können. Wichtig ist außerdem die Einführung eines rollierenden Planungsprozesses. Der Planungsaufwand hält sich in Grenzen – der Nutzen für die Supply Chain und am Ende für das Unternehmen ist dagegen hoch.
Welche Fragen beschäftigen Sie rund um Themen wie Erlösoptimierung, Umsatzsteigerungspotenziale oder Kostensenkungen? Sprechen Sie uns an. Mit unseren Expert:innen begreifen Sie potenzielle Krisen als Chance und verbessern die Effektivität, steigern die Effizienz, starten Wachstumsinitiativen und erhöhen schnell die Liquidität.